Lesung aus C.H.Spurgeon "Das Evangelium des Reiche"

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Jörg
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Matthäus 25.34-40

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34. Da wird dann der König sagen zu denen zu seiner Rechten: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt!

Der König wendet sich zuerst an die erwählte Schar zu seiner Rechten, die „große Schar, welche niemand zählen konnte,“ und spricht: “Kommt.“ Sie hatten seine frühere Einladung: „Kommt her zu mir,“ angenommen; nun gibt Er ihnen ein andres und herrlicheres „Kommt,“ das indes in dem früheren schon eingeschlossen war, denn wenn Er sagte: „Ich will euch Ruhe geben,“ so war der Himmel selber ihnen verheißen. Der König ruft die, welche Er lieb hat, mit einem köstlichen Namen: “ihr Gesegneten meines Vaters.“ Wir werden nicht wissen, welche Seligkeit in diesem Namen liegt, bis wir ihn von unsres Heilandes Lippen hören, und selbst dann werden wir nur beginnen zu verstehen, was wir die ganze Ewigkeit hindurch genießen werden. alle wahren Gläubigen sind Miterben Jesu Christi, deshalb wird der König zu ihnen sprachen: “Ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt.“ Dieses Erbe, das unvergänglich und unbefleckt und unverwelklich ist, ist das unveräußerliche Recht aller, die zu Königen und Priestern vor Gott gemacht sind; und das, was für sie von Anbeginn der Welt bereitet ist, wird in ihrem Besitz sein, wenn die Welt selber den Zweck ihrer Schöpfung erfüllt hat und verbrannt worden ist.

35. 36. Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.

Der König verweilt mit großer Freude bei den einzelnen Freundlichkeiten, die seine Diener Ihm erzeigt. Werden wir denn im Grunde doch durch unsre Werke errettet werden? Keineswegs. Doch sind unsre Werke die Zeugnisse davon, daß wir errettet sind. Wenn unsre Handlungen solche sind, die Christus im jüngsten Gericht loben wird, so beweisen sie, daß wir durch Gnade errettet sind, und daß der Heilige Geist wirksam in uns und durch uns thätig gewesen ist. Die Dienste, die der König nennt, waren alle Ihm selber erwiesen: “Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich beherbergt. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.“ Es wird nicht erwähnt, was die Gerechten gesagt hatten oder welches Bekenntnis der Liebe zu Christo sie abgelegt, das Lob wird erteilt für das, was sie nach der Erklärung des Königs für Ihn gethan hatten, indem sie Ihm dienten.

37-39. Dann werden Ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir Dich hungrig gesehen, und haben Dich gespeist? oder durstig, und haben Dich getränkt? Wann haben wir Dich einen Gast gesehen, und beherbergt? oder nackt, und haben Dich bekleidet? Wann haben wir Dich krank oder gefangen gesehen, und sind zu Dir gekommen?

Sie werden bescheiden das von dem König ausgesprochene Lob ablehnen. Sie hatten keinen Gedanken daran, daß etwas Verdienstliches in dem sei, was sie gethan; sie ließen sich nie träumen, daß sie dafür belohnt würden. Wenn die Heiligen vor dem Richterstuhl stehen, wird der bloße Gedanke an etwas Treffliches in dem, was sie gethan, ihnen neu sein, denn sie haben ihr eignes Thun sehr niedrig angeschlagen. Sie speisten die Hungrigen, kleideten die Nackenden, besuchten die Kranken um Christi willen, weil es das Süßeste in der Welt war, etwas für Jesum zu thun. Sie thaten es, weil es ihnen Freude machte, weil sie nicht anders konnten, weil ihre neue Kreatur sie zwang, es zu thun.

40. Und der König wird antworten und sagen zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr gethan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mit gethan.

Christus hat viel mehr mit den Leiden seiner Brüder zu thun, als wir zuweilen denken. Sind sie hungrig? Er sagt: „Ich war hungrig.“ Sind sie durstig? Er spricht: „Ich war durstig.“ Die Teilnahme Christi ist fortdauernd, und alle Jahrhunderte hindurch will Er beständig in den leidenden Körpern der versuchten und angefochtenen Seinen Mensch werden. Daher die Gelegenheit, Ihm Dienste zu thun, so lange wir hier sind.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 25.41-46

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41. Dann wird Er auch sagen zu denen zur Linken: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln!

Jedes Wort in dem Urteilsspruch des Königs über die zu seiner Linken wird ihr Herz mit Schrecken füllen. “Gehet hin von mir.“ Aus Christi Gegenwart verbannt zu werden, ist Hölle. “Ihr Verfluchten,“ sie konnten weder geltend machen, daß sie das Gesetz gehalten, noch daß sie dem Evangelium gehorsam gewesen seien; sie waren in der That doppelt verflucht. Es wurde ihnen befohlen, hinzugehen “in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln.“ Sie hatten sich an den Teufel angeschlossen, da sie dem Herrn Gehorsam weigerten, so war es nur recht, daß sie, da sie seine Empörung nachahmten, seine Strafe teilten.

42. 43. Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränkt. Ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich nicht bekleidet. Ich bin krank und gefangen gewesen, und ihr habt mich nicht besucht.

Das kleine Wort “nicht“ erklärt den Unterschied zwischen ihrem Verhalten und dem der Gerechten. Zu denen zur Rechten wird der König sagen: „Ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist,“ aber zu denen zur Linken wird Er sagen: “Ihr habt mich nicht gespeist.“ Diese Unterlassung ihrerseits war keine geringe Sache; sie war verhängnisvoll und ward heimgesucht mit dem Urteil des ewigen Todes: „Gehet hin von mir.“ Die Menschen mögen es jetzt leicht nehmen mit ihrem Mangel an Liebe zu Christo und ihrer Vernachlässigung seiner armen Brüder, aber in dem Licht des jüngsten Tages wird ihr Verhalten anders erscheinen. Dennoch werden selbst dann einige versuchen, sich zu rechtfertigen.

44. Da werden sie Ihm auch antworten und sagen: Herr, wann haben wir Dich hungrig gesehen, oder durstig, oder einen Gast, oder nackt, oder krank, oder gefangen, und haben Dir nicht gedient?

Welche Betrügerin ist die Sünde! Wie vermessen, daß sie sogar in Gegenwart des allwissenden Richters ihre wirkliche Natur leugnet und ihre Anhänger behaupten läßt, der göttlichen Vorschrift der Heiligkeit genügt zu haben!

45. Dann wird Er ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch: Wa ihr nicht gethan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht gethan.

Unser Herr will nicht lehren, daß Menschen verdammt werden, weil sie nicht mildthätig gegen Arme und Dürftige gewesen, oder daß sie selig werden, wenn sie barmherzig und freigebig gewesen sind. Das wäre in der That eine Seligkeit durch Werke, mit der in alle Ewigkeit geprahlt werden könnte. Er meint mit diesen Worten, daß nur die, welche solche Früchte wie diese hervorbringen, es beweisen, daß „die Wurzel der Sache“ in ihnen ist. Indem sie aus Liebe zu Ihm seinen armen Brüdern dienen, zeigen sie, daß die Gnade, welche sie von andren unterscheidet, in ihnen ist. Unsre ganze Zukunft hängt von unsrem Verhältnis zu dem Herrn Jesu Christo ab.

46. Und sie werden in die ewige Pein gehen; aber die Gerechten in das ewige Leben.

Die “Pein“ hat dieselbe Dauer wie das “Leben“. Eins ist nicht mehr zeitweilig oder mehr eines Abschlusses fähig als das andre. Im Himmel werden “die Gerechten“ auf immer zukünftiger Seligkeit entgegen sehen, während sie vollkommenes, gegenwärtiges Glück genießen; und in der Hölle werden die Ungerechten ewig dem „künftigen Zorn“ entgegen blicken, während sie erdulden, was unser Heiland hier als die „ewige Pein“ in „dem ewigen Feuer“ (V. 41) beschreibt. Zwischen Himmel und Hölle ist eine große Kluft befestigt, ein furchtbarer Abgrund, der nicht überbrückt werden kann, so daß die Trennung zwischen den Schafen und Böcken ewig und unabänderlich sein wird. Gott gebe, daß niemand von uns auf der unrechten Seite dieser großen Kluft sein möge!
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 26.1-5

Beitrag von Jörg »

(Der König weissagt; seine Feinde ratschlagen. V. 1-5.)

1. 2. Und es begab sich, da Jesus alle diese Reden vollendet hatte, sprach Er zu seinen Jüngern: Ihr wißt, daß nach zwei Tagen Ostern wird; und des Menschen Sohn wird überantwortet werden, daß Er gekreuzigt werde.


Nachdem der Herr alle diese Reden vollendet hatte über die Zerstörung Jerusalems, seine eigne zweite Zukunft und den großen Gerichtstag, lenkte Er die Gedanken seiner Jünger zurück auf seinen eignen Tod. Er hatte oft vorher gesagt, wie das Ende seines Lebens sein würde. Er sagt jetzt bestimmt, wann es sein würde: “Ihr wißt, daß nach zwei Tagen Ostern wird.“ In einem Sinne, den sie wahrscheinlich nicht völlig begriffen, sollte das Passah, das eine große Passah, gehalten werden. Nach zwei Tagen sollte das Passahlamm Gottes, „Christus, unser Osterlamm,“ getötet werden. Die Zeit, wo Christus in die Hände der Sünder überantwortet werden sollte, war beinahe schon da, und sobald seine Feinde Ihn einmal in der Gewalt hatten, ruhten sie nicht, bis Er gekreuzigt war.

3.-5. Da versammelten sich die Hohenpriester und Schriftgelehrten und die Ältesten im Volk in den Palast des Hohenpriesters, der da hieß Kaiphas, und hielten Rat, wie sie Jesum mit List griffen und töteten. Sie sprachen aber: Ja nicht auf das Fest, auf daß nicht ein Aufruhr werde im Volk!

Während Jesus weissagte, ratschlagten seine Feinde. So wurde Ps. 2,2 erfüllt: „Die Herren ratschlagen miteinander wider den Herrn und seinen Gesalbten.“ Ihr Ziel war, Jesum zu töten; aber sie hielten Rat, wie sie Jesum mit List griffen. Sie beschlossen, Ihn nicht zu verhaften “auf das Fest“; doch wurde die böse That aufgeschoben, nicht aus religiöser Rücksicht für das Passah, sondern “auf daß nicht ein Aufruhr werde im Volk“. Ihr Plan stand im Widerspruch mit der Weissagung Christi; aber die Ereignisse bewiesen, daß Er recht hatte und sie unrecht, denn Er ward zu der von Ihm vorhergesagten Zeit gekreuzigt.
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Jörg
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Matthäus 26.6-13

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(Der König wird zu seinem Begräbnis gesalbt. V. 6-13.)

6.7. Da nun Jesus war zu Bethanien im Hause Simons, des Aussätzigen, trat zu Ihm ein Weib, das hatte ein Glas mit köstlichem Wasser, und goß es auf sein Haupt, da Er zu Tisch saß.


Wir wissen nicht, wer Simon der Aussätzige war, und ob dies Weib Maria, die Schwester des Lazarus, war, obwohl ich glaube, daß sie die war, die zu Jesu kam und ein Glas mit köstlichem Wasser hatte, und es auf sein Haupt goß, da Er zu Tisch saß, wie Johannes andeutet. Das Schöne der Handlung dieses Weibes bestand darin, daß dieselbe ganz für Christum war. Alle im Hause konnten den Duft dieses köstlichen Wassers wahrnehmen und genießen, aber die Salbung war nur für Jesum.

8. 9. Da das seine Jünger sahen, wurden sie unwillig, und sprachen: wozu dient diese Vergeudung? Dieses Wasser hätte mögen teuer verkauft, und den Armen gegeben werden.

Wenn ihr das Beste thut, das ihr thun könnt, aus den reinsten Beweggründen, und der Herr euren Dienst annimmt, so erwartet doch nicht, daß eure Brüder alle eure Handlungen billigen werden. Wenn ihr solches erwartet, so werdet ihr sehr enttäuscht werden. Es gab nie einen schöneren Beweis der Liebe zu Christo, als diese Salbung zu Bethanien. Doch tadelten die Jünger sie: “Sie wurden unwillig, und sprachen: Wozu dient diese Vergeudung? Dieses Wasser hätte mögen teuer verkauft, und den Armen gegeben werden.“ Nach dem Bericht des Johannes war es Judas, der fragte: „Warum ist diese Salbe nicht verkauft um dreihundert Groschen, und den Armen gegeben?“ Derselbe Evangelist gibt den Grund an für die Frage des Verräters: „Das sagte er aber nicht, daß er nach den Armen fragte, sondern er war ein Dieb und hatte den Beutel und trug, was gegeben ward.“ Nachdem die Klage zuerst von Judas erhoben war, stimmten andre Jünger ein. Wenn dies anhängliche und begeisterte Weib auf den Rat dieser klugen Leute gewartet hätte, so würde sie die Salbe weder verkauft noch ausgegossen haben. Sie that wohl, ihr eignes liebendes Herz zu Rate zu ziehen und die köstliche Narde auf das teure Haupt zu gießen, das so bald mit Dornen gekrönt werden sollte. Sie zeigte so, daß es wenigstens ein Herz in der Welt gab, welches dachte, nichts sei zu gut für den Herrn, und das Beste vom Besten müsse Ihm gegeben werden. Möge sie in jedem Zeitalter viele Nachahmer haben, bis Jesus wieder kommt!

10. Da das Jesus merkte, sprach Er zu ihnen: Was bekümmert ihr das Weib? Sie hat ein gutes Werk an mir gethan.

Sie war sehr glücklich bei ihrem Thun gewesen; wahrscheinlich war es die glücklichste Stunde in ihrem ganzen Leben, als sie diese kostbare Gabe des Herrn, den sie so sehr liebte, darbrachte. Aber eine Wolke ging über ihr helles Antlitz, als die geflüsterten Klagen ihr Ohr erreichten. Jesus bemerkte, daß das Murren der Jünger das Weib beunruhigte, darum wies Er jene zurecht und lobte das Weib: “Was bekümmert ihr das Weib? Sie hat ein gutes Werk an mir gethan.“ Sie that etwas, was wir nicht thun können, denn Christus ist jetzt nicht hier in Person und kann nicht von denen gesalbt werden, die Ihn lieben, wie dieses Weib es that. Aber wir können gute Werke an andren um seinetwillen thun, und Er will sie annehmen, als wen sie Ihm selber gethan wären.

11. Ihr habt allezeit arme bei euch; mich aber habt ihr nicht allezeit.

Unser Herr sorgte stets für die Armen; Er war selbst arm, Er war der armen Leute Prediger, Er speiste die hungrigen Armen und heilte die kranken Armen. Er wollte immer, daß die Seinen ihre Liebe zu Ihm in der Sorge für die Armen zeigen sollten, aber Er hatte den einen Punkt in seinem Leben erreicht, wo es geziemend war, daß etwas für Ihn besonders geschah, und dieses Weib that mit dem Instinkt ihrer Liebe gerade dieses. O, daß wir alle Christum so innig lieben möchten, wie sie es that!

12. 13. Daß sie das Wasser hat auf meinen Leib gegossen, hat sie gethan, daß sie mich zum Grabe bereite. Wahrlich, ich sage euch: Wo dies Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen zu ihrem Gedächtnis, was sie gethan hat.

Wahrscheinlich wußte sie nicht alles, was ihre Handlung bedeutete, als sie den Herrn zu seinem Begräbnis salbte. Die Folgen der einfachsten Handlung, die wir für Christum thun, mögen viel größer sein, als wir denken. Gehe hin, meine Schwester, und thue, was Gott dich heißt, und es wird gesehen werden, daß du weit mehr gethan hast, als du weißt. Gehorche dem heiligen Trieb in deinem Geist, mein Bruder, und du magst zehntausendmal mehr thun, als du je für möglich gehalten hast.

Der Ausbruch der Zuneigung dieses Weibes, diese einfache, herzliche That der Liebe zu Christo selber ist eins von den Dingen, die leben sollen, so lange das Evangelium lebt. Der Duft dieser Liebesthat soll währen so lange wie die Welt selber bleibt.
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Jörg
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Matthäus 26.14-19

Beitrag von Jörg »

(Des Verräters Handel. V. 14-16.)

14-16. Da ging hin der Zwölfe einer, mit Namen Judas Ischarioth, zu den Hohenpriestern, und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will Ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge. Und von dem an suchte er Gelegenheit, daß er Ihn verriete.


Welcher Gegensatz zu dem Vorfall, den wir soeben beobachtet haben! Die Salbung Jesu soll ein Gegenstand der Bewunderung sein, wo immer das Evangelium gepredigt wird, aber sein Verrat durch Judas wird ein Gegenstand des Abscheus die ganze Ewigkeit hindurch sein. Es war “der Zwölfe einer“, der “zu den Hohenpriestern ging“, um über den Preis für seines Herrn Verrat zu handeln. Er nannte nicht einmal den Namen Christi in seiner schändlichen Frage: “Was wollt ihr mir geben? Ich will Ihn euch verraten.“ Der vereinbarte Preis, dreißig Silberlinge, war der Preis für einen Sklaven; er zeigte, wie geringen Wert die Hohenpriester auf Jesum legten, und enthüllte auch die Habgier des Judas, der für eine so kleine Summe seinen Herrn verkaufte. Doch haben viele Jesum für einen geringeren Preis verkauft, als den, welchen Judas erhielt; ein Lächeln oder auch ein Spötteln ist genügend gewesen, sie dahin zu bringen, ihren Herrn zu verraten.

Laßt uns, die wir mit Christi teurem Blut erkauft sind, Ihn hoch schätzen, hoch von Ihm halten und Ihn hoch preisen. Wenn wir mit Scham und Schmerzen an diese dreißig Silberlinge denken, so laßt uns Ihn nie unterschätzen oder den unvergleichlichen Wert Dessen vergessen, der nicht höher als ein Sklave geachtet wurde.

(Das letzte Passah und das neue Gedächtniszeichen. V. 17-30.)

17.18. Aber am ersten Tage der süßen Brote traten die Jünger zu Jesu, und sprachen zu Ihm: Wo willst Du, daß wir Dir bereiten, das Osterlamm zu essen? Er sprach: Gehet hin in die Stadt zu einem, und sprecht zu ihm: Der Meister läßt dir sagen: Meine Zeit ist hier, ich will bei dir die Ostern halten mit meinen Jüngern.


Wie wahrhaft königlich war Jesus von Nazareth selbst in seiner Erniedrigung! Er hatte kein eignes Haus, worin Er “Ostern halten“ konnte mit seinen Jüngern; Er sollte bald einen öffentlichen und schmachvollen Tod erleiden, dennoch brauchte Er nur zwei seiner Jünger “in die Stadt zu einem“ zu senden, und das Gastzimmer, fertig und bereit, ward sofort zu seiner Verfügung gestellt. Er nahm das Zimmer nicht mit willkürlicher Gewalt, wie ein irdischer Monarch es hätte thun können, sondern Er erhielt es durch den göttlicheren Zwang allmächtiger Liebe. Sogar in seinem niedrigsten Stande hatte unser Herr Jesus die Herzen aller Menschen unter seiner Lenkung. Welche Macht hat Er jetzt, wo Er in Herrlichkeit regiert!

19. Und die Jünger thaten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und bereiteten das Osterlamm.

Wenn Christi Jünger immer treu thäten, “wie Jesus ihnen befohlen,“ so würde es ihnen stets gut mit dem Ausrichten seiner Botschaft gehen. Es sind viel mehr Leute in der Welt bereit, sich Christo hinzugeben, als einige von uns denken. Wenn wir nur zu ihnen gehen wollten, wie Petrus und Johannes zu diesem Manne gingen, und ihnen sagen, was „der Meister sagt,“ so würden wir finden, daß ihre Herzen aufgethan würden, um Christum aufzunehmen, eben wie dieses Mannes Haus willig auf unsres Herrn Bitte geöffnet ward.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 26.20-24

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20.21. Und am Abend setzte Er sich zu Tisch mit den Zwölfen. Und da sie aßen, sprach Er: Wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.

Unser Herr blieb in der Zurückgezogenheit bis zum Abend und ging dann an den bestimmten Ort und setzte sich, oder vielmehr, legte sich an den Passahtisch mit den Zwölfen. Und da sie aßen, sprach Er: „Wahrlich, ich sage euch, einer unter euch wird mich verraten.“ Dies war ein sehr unangenehmer Gedanke bei einem Feste, doch war er für das Passah sehr geeignet, denn der Befehl Gottes an Mose beim ersten Passahlamm lautete: „Und sollen es mit bitteren Salzen essen.“ Es war ein schmerzlicher Gedanke für unsren Herrn und auch für seine zwölf erwählten Gefährten: „Einer unter euch,“ und seine Augen blickten über den Tisch, als Er sprach: „Einer unter euch wird mich verraten.“

22. Und sie wurden sehr betrübt, und hoben an, ein jeglicher unter ihnen, und sagten zu Ihm: Herr, bin ich’s?

Dieses kurze Wort fiel gleich einer Bombe unter die Leibwache des Heilandes. Es erschreckte sie; sie hatten Ihm alle ihre Liebe sehr beteuert, und die meisten dieser Beteuerungen waren wahr. “Und sie wurden sehr betrübt;“ und wohl mochten sie das. Eine solche Enthüllung genügte, die tiefsten Empfindungen der Trauer und des Schmerzes zu erzeugen. Es ist ein schöner Charakterzug der Jünger, daß nicht einer den andren beargwöhnte, sondern ein jeglicher unter ihnen fragte, fast ungläubig, wie dies in der Frage liegt: “Herr, bin ich’s?“ Keiner sagte: „Herr, ist es Judas?“ Vielleicht dachte keiner unter den Elfen, daß Judas niedrig genug sei, den Herrn zu verraten, der ihm einen ehrenvollen Platz unter seinen Aposteln gegeben hatte.

Wir können dadurch nichts Gutes wirken, daß wir unsre Brüder beargwöhnen; aber wir können einen großen Dienst thun, indem wir uns selbst beargwöhnten. Argwohn gegen uns selbst ist der Demut nahe verwandt.

23. 24. Er antwortete und sprach: Der mit der Hand mit mir in die Schüssel tauchte, der wird mich verraten. Des Menschen Sohn geht zwar dahin, wie von Ihm geschrieben steht; doch wehe dem Menschen, durch welchen des Menschen Sohn verraten wird! Es wäre ihm besser, daß derselbige Mensch nie geboren wäre.

Ein Mensch kann Jesu sehr nahe kommen, ja, er kann seine Hand in dieselbe Schüssel mit dem Heiland tauchen, und Ihn doch verraten. Wir mögen ein hohes Amt haben und anscheinend sehr nützlich wirken, wie Judas es that; dennoch können wir Christum verraten.

Wir lernen aus unsres Herrn Worten, daß göttliche Ratschlüsse eine sündige Handlung nicht von ihrer Schuld befreien: “Des Menschen Sohn geht zwar dahin, wie von Ihm geschrieben steht; doch wehe dem Menschen, durch welchen Er verraten wird.“ Das Verbrecherische seiner That ist gerade ebenso groß, als wenn es keinen bestimmten Ratschluß und kein Vorherwissen Gottes gäbe. “Es wäre ihm besser, daß derselbige Mensch nie geboren wäre.“ Das Schicksal des Judas ist schlimmer als Nicht-Dasein. Mit Christo Gemeinschaft gehabt zu haben, wie er, und Ihn dann den Händen seiner Feinde zu überliefern, das besiegelte das ewige Geschick des Verräters.
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Jörg
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Matthäus 26.25-30

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25. Da antwortete Judas, der Ihn verriet, und sprach: Bin ich’s, Rabbi? Er sprach zu ihm: Du sagest’s.

Judas scheint der letzte der Zwölfe gewesen zu sein, der die Frage that: “Bin ich’s?“ Diejenigen, welche die letzten sind in der Beargwöhnung ihrer selbst, sind gewöhnlich die, welche die ersten darin sein sollten. Judas redete Christum nicht „Herr“ an, wie die andren Jünger es gethan; sondern nannte Ihn Rabbi, “Meister.“ Sonst war seine Frage gleich der seiner elf Gefährten, aber er empfing von Christo eine Antwort, die keinem andren gegeben war: “Er sprach zu ihm: Du sagst es.“ Wahrscheinlich erreichte die Erwiderung sein Ohr allein, und wenn er nicht ein hoffnungslos Verworfener gewesen wäre, so hätte dieses Entschleiern seiner verräterischen Absicht ihn zur Buße treiben können, aber es war nichts in seinem Herzen, das der Stimme Christi antwortete. Er hatte sich dem Satan verkauft, ehe er seinen Herrn verkaufte.

26-28. Da sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s, und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib. Und Er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den, und sprach: Trinket alle daraus, das ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.

Das jüdische Passah schmolz hinein in des Herrn Abendmahl, wie die Morgensterne sich auflösen in das Licht der Sonne. “Da sie aber aßen,“ während des Passahmahls, setzte Jesus die neue Gedächtnisfeier ein, die beobachtet werden soll, bis Er wieder kommt. Wie einfach war die ganze Zeremonie! Jesus nahm das Brot, dankte und brach’s, und gab’s den Jüngern und sprach: „Nehmet, esset; das ist mein Leib.“ Christus konnte nicht meinen, daß das Brot sein Leib wäre, denn sein Leib ruhte an dem Tische, aber dies zerbrochene Brot sollte seinen Leib darstellen, der sobald am Kreuze gebrochen werden sollte. Dann folgte das zweite Gedächtniszeichen, der Kelch, gefüllt mit dem „Gewächs des Weinstocks,“ von dem Christus sprach: “Trinket alle daraus.“

Es ist keine Spur da von einem Altar oder von einem Priester; es ist nichts da von Erhebung oder Anbetung der Hostie; es ist keine Ähnlichkeit da zwischen dem Abendmahl des Herrn und der römischen Messe. Laßt uns in allen Dingen uns streng an den Buchstaben und den Geist des Wortes Gottes halten, denn wenn einer ein wenig hinzufügt, so wird ein andrer mehr hinzufügen, und wenn der eine einen Punkt ändert und der andre einen andren, so läßt sich nicht sagen, wie weit wir von der Wahrheit abkommen werden.

Die Jünger waren an ihren eignen Hang zur Sünde erinnert worden; nun gibt Er ihnen ein persönliches Pfand der Sündenvergebung, nach dem Bericht des Markus: “Das ist mein Blut des neuen Testaments, das für viele vergossen wird.“

29. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, da ich’s neu trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.

So that Jesus das große Nasiräer-Gelübde, nie von der Frucht des Weinstocks zu trinken, bis Er es neu trinken würde mit seinen Jüngern in seines Vaters Reich. Er wird dieser Abrede mit seinen Nachfolgern treu bleiben, und sie sollen mit Ihm auf ewig ein hohes Fest feiern.

30. Und da sie den Lobgesang gesprochen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

War es nicht wahrhaft mutig von unsrem teuren Herrn, unter solchen Umständen zu singen? Er ging hinaus zu seinem letzten, schrecklichen Kampfe, zu Gethsemane, Gabbatha und Golgatha; dennoch ging Er mit einem Gesang auf den Lippen. Er muß den Gesang geleitet haben, denn die Jünger waren zu traurig, das Hallel anzustimmen, mit dem das Passahfest schloß: Und da sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg. Dann kam jener entsetzliche Kampf, in welchem der große Herzog unsrer Seligkeit rang, selbst bis zum blutigen Schweiß, und überwand.
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Jörg
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Matthäus 26.31-35

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(Der König weissagt wiederum; Petrus protestiert. V. 31-35.)

31. 32. Da sprach Jesus zu ihnen: In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir. Denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen. Wenn ich aber auferstehe, will ich vor euch hingehen nach Galiläa.


Beachtet unsres Herrn Gewohnheit, die Schrift anzuführen. Er konnte Worte unfehlbarer Wahrheit sprechen, doch kam Er auf die inspirierte Schrift des Alten Testaments zurück. Sein Zitat aus dem Sacharja scheint nicht wirklich notwendig gewesen zu sein, aber es war sehr angemessen bei seiner Weissagung: “In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir. Denn es steht geschrieben: Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen.“ Jesus war der Hirte, der bald geschlagen werden sollte, und Er sagte das Zerstreutwerden der Schafe vorher. Selbst jene Führer der Herde, die zuerst von Christo erwählt und am meisten bei Ihm gewesen waren, würden in dieser furchtbaren Nacht straucheln und abfallen von Ihm, aber der Hirte wollte sie nicht verlieren, es sollte eine Wiedervereinigung zwischen Ihm und seinen Schafen sein: “Wenn ich aber auferstehe, will ich vor euch hingehen nach Galiläa.“ Noch einmal wollte Er auf eine kleine Weile wiederum ihr Hirte und König sein und mit ihnen einige ihrer alten Stätten in Galiläa wieder besuchen, ehe Er zu seiner himmlischen Heimat emporstieg. „Ich will vor euch hingehen,“ erweckt die Vorstellung des guten Hirten, der nach morgenländischer Weise seine Herde führt. Glücklich sind seine Schafe, daß sie einen solchen Führer haben, und selig sind sie, wenn sie Ihm folgen, wo Er hingeht.

33. Petrus aber antwortete und sprach zu Ihm: Wenn sie auch alle sich an Dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.

Dies war eine sehr vermessene Rede, nicht nur wegen des Selbstvertrauens, das sie verriet, sondern auch, weil es ein gerader Widerspruch gegen die Erklärung des Meisters war. Jesus sprach: „In dieser Nacht werdet ihr euch alle ärgern an mir,“ aber Petrus dachte, er wisse es besser als Christus, darum antwortete er: “Wenn sie auch alle sich an Dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.“ Ohne Zweifel waren diese Worte aus seinem Herzen gesprochen, aber „das Herz ist trügerisch über alles und verzweifelt böse.“ Petrus muß am nächsten Morgen erstaunt gewesen sein, als er das Trügerische und Böse seines Herzens erkannte, wie es sich in der dreifachen Verleugnung seines Herrn enthüllt hatte.

Wer sich soviel stärker als seine Brüder dünkt, ist gerade der Mann, welcher sich schwächer als alle erweisen wird, wie Petrus es that, nicht viele Stunden, nachdem seine Prahlerei ausgesprochen war.

34. Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.

Jesus sagt jetzt seinem prahlerischen Jünger, daß er vor dem Hahnenschrei am nächsten Morgen seinen Herrn dreimal verleugnen würde. Nicht nur würde er straucheln und fallen mit seinen Mitjüngern, sondern würde über sie alle hinausgehen in seinen wiederholten Verleugnungen des teuren Meisters, den er mit stärkerer Liebe zu lieben behauptete, als selbst Johannes sie besaß. Petrus erklärte, er wolle Jesu treu bleiben, wenn er auch der einzige treue Freund bliebe; Jesus sagte vorher, daß von allen Zwölfen nur Judas den Prahlenden an Schlechtigkeit übertreffen würde.

35. Petrus sprach zu Ihm: Und wenn ich mit Dir sterben müßte, so will ich Dich nicht verleugnen. Desgleichen sagten auch alle Jünger.

Hier widerspricht Petrus seinem Meister gerade ins Gesicht. Es war zu bedauern, daß er auch nur einmal prahlte, nach seines Herrn klarer Weissagung, daß alle Jünger in dieser Nacht sich an Ihm ärgern würden, aber es war schmachvoll, daß Petrus seine selbstvertrauende Erklärung wiederholte gegenüber der ausdrücklichen Vorhersagung Christi über ihn. Er war nicht allein in seiner Behauptung, denn “desgleichen sagten auch alle Jünger.“ Sie fühlten alle, daß sie unter keinen Umständen ihren Herrn verleugnen könnten. Wir haben keinen Beicht über Verleugnung Christi durch die andren zehn Apostel, obgleich sie Ihn alle verließen und flohen, und so thatsächlich Ihn nicht anerkannten. Wenn wir an alles gedenken, was sie von Ihm gesehen und gehört hatten, und uns besonders an seine letzten Reden, die Gemeinschaft beim Passahmahl und sein wundervolles hohepriesterliches Gebet für sie erinnern, so sind wir nicht erstaunt, daß sie sich auf ewig an Ihn gebunden fühlten. Aber ach! trotz ihrer Proteste ward des Königs Weissagung vollständig erfüllt, denn in dieser Nacht „ärgerten sie sich alle“ oder „strauchelten“, und Petrus verleugnete dreimal seinen Herrn.
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Matthäus 26.36-39

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(Der König unter den Ölbäumen. V. 36-46.)

Hier kommen wir zu dem Allerheiligsten in unsres Herrn Erdenleben. Dies ist ein Geheimnis gleich dem, das Mose sahe, als der Busch mit Feuer brannte und nicht verzehrt ward. Kein Mensch kann eine solche Erzählung, wie diese, richtig auslegen. Es ist mehr ein Gegenstand für betende, zerknirschte Betrachtung, als für menschliche Sprache. Möge der Heilige Geist uns gnädig alles offenbaren, was uns verstattet ist zu sehen von dem König unter den Ölbäumen in dem Garten Gethsemane!

36. Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: Setzet euch hier, bis daß ich dorthin gehe, und bete.

Unser Heiland befahl acht von seinen Jüngern, Wache zu halten, entweder draußen vor oder nahe beim Eintritt in Gethsemane, der „Ölpresse“. Dieser Garten war Christi Lieblingsplatz für einsames Gebet gewesen, und gut ausgewählt als Stätte seines letzten angstvollen Flehens.

37. 38. Und nahm zu sich Petrus und die zwei Söhne Zebedäus, und fing an zu trauern und zu zagen. Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibet hier, und wachet mit mir.

Die drei Jünger, die mit Ihm auf dem Berge der Verklärung gewesen waren, hatten den Vorzug, Ihm näher zu sein, als die übrigen ihrer Brüder, aber sogar sie durften nicht wirklich bei Ihm sein. Sein Leiden war so groß, daß Er es allein tragen mußte, und es sollte auch der Spruch erfüllt werden: „Ich trete die Kelter allein, und ist niemand unter den Völkern mit mir.“ Dennoch wollte Er seine drei auserwählten Gefährten nahe haben, um das bißchen Trost aus ihrer Gegenwart zu schöpfen, das sie Ihm gewähren konnten. Sie hatten nie zuvor ihren Herrn von solchen mächtigen Wogen des Schmerzes überwältigt gesehen wie die, welche jetzt über Ihn daher rollten, als Er anfing “zu trauern und zu zagen.“ Er war niedergedrückt, als wenn ein furchtbares Gewicht auf seiner Seele lastet, wie dies auch in der That der Fall war. Dies war das „Arbeiten seiner Seele,“ das Seelenopfer für die Sünde, das am Kreuze vollendet ward, und wohl mochte Er sagen: “Meine Seele ist betrübt bis an den Tod.“ Das Leiden seiner Seele war gerade die Seele seiner Leiden. Seine Seele war voll Schmerz, bis Er die äußerste Grenze des Erträglichen zu erreichen und an der Pforte des Todes zu sein schien. In solcher tiefen Betrübnis hatte Er die Nähe treuer Freunde nötig, darum sprach Er zu Petrus, Jakobus und Johannes: “Bleibet hier, und wachet mit mir.“ Er muß allein die furchtbare Last der Sünden seines Volkes tragen, aber seine Jünger konnten ihre Teilnahme für Ihn zeigen, indem sie in achtungsvoller Entfernung wachten und ihre armen Gebete mit seinem mächtigen Ringen vereinten. Ach! sie schätzten das Vorrecht nicht, das Christus ihnen gab. Haben wir ihnen nicht zu sehr geglichen, wenn unser Heiland uns befohlen hat, mit Ihm zu wachen?

39. Und ging hin ein wenig, fiel nieder auf sein Angesicht und betete und sprach: Mein Vater, ist’s möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst.

Wurde Er erhört? Ja, wahrlich, und besonders in dem, was eben der Kern seines Gebetes war: “Nicht wie ich will, sondern wie Du willst.“ Dies war der wesentlichste Teil seiner Bitte, ihr eigentlicher Kern, denn so sehr auch seine menschliche Natur vor dem „Kelch“ zurückschrak, so schrak Er doch noch mehr zurück vor jedem Gedanken daran, seines Vaters Willen zuwider zu handeln. Christi Gefühl der Sohnschaft war klar und ungetrübt, selbst in dieser dunklen Stunde, denn Er begann sein Gebet mit dem kindlichen Wort: “Mein Vater.“
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 26.40-46

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40. Und Er kam zu seinen Jüngern, und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?

Wir können nicht sagen, wie lange Er allein im Gebet gerungen hatte, aber es war lange genug für die Jünger, um einzuschlafen. Petrus hatte sich zum Wortführer der kleinen Gesellschaft gemacht, darum richtete der Herr an ihn seinen sanften Vorwurf, der auch für seine Gefährten gemeint war: “Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ Nach Markus 14,37 ward die Frage an Petrus persönlich gerichtet. „Simon, schläfst du?“ Es war schlecht genug von Johannes und Jakobus, daß sie schlummerten, statt zu wachen, aber nach all dem Prahlen des Petrus war es von ihm noch schlechter. Er, der die lautesten Beteuerungen der Hingebung gemacht hatte, verdiente den meisten Tadel für seine Untreue.

41. Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

Es war wahrhaft freundlich von Christo, für seine schwachen und müden Jünger eine Entschuldigung zu finden. Es war so recht seine Weise, alles, was Er nur konnte, zu ihrem Lobe zu sagen, obwohl sie geschlafen, wo sie hätten wachen sollen. Doch wiederholte Er den Befehl: “Wachet,“ denn das war die besondere Pflicht der Stunde, und Er fügte hinzu: “und betet,“ denn das Gebet hätte ihnen geholfen, zu wachen, und das Wachen hätte ihnen im Gebet beigestanden. Wachen und Beten wurden zu einem besonderen Zweck eingeschärft: “daß ihr nicht in Anfechtung fallet.“ Er wußte, welche schwere Anfechtungen ihrer warteten, und wollte, daß sie doppelt gewaffnet wären, durch Wachen und durch Beten.

42. Zum andernmal ging Er wieder hin, betete und sprach: Mein Vater, ist’s nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe Dein Wille.

Diese gelassenen, einfachen Worte geben uns kaum eine völlige Vorstellung von dem gewaltigen Todeskampf, in dem sie gesprochen wurden. Lukas sagt, daß unser Heiland „heftiger betete und daß sein Schweiß wie Blutstropfen ward, die auf die Erde fielen.“ Die Anspannung all seiner Kräfte wurde so groß, daß das Leben aus jeder Pore seines Leibes heraus zu tröpfeln schien, und Er war so schwach und matt, durch den furchtbaren Kampf, daß Er wohl fürchten mochte, seine menschliche Natur würde unter dem entsetzlichen Leiden sinken und daß Er vor seiner Zeit sterben würde. Doch selbst da erkannte Er seine Sohnschaft an: “Mein Vater!“ und übergab sich völlig dem Willen seines Vaters: “So geschehe Dein Wille.“

43. 44. Und Er kam und fand sie abermal schlafend, und ihre Augen waren voll Schlafs. Und Er ließ sie und ging abermal hin, und betete zum drittenmal und redete dieselbigen Worte.

Großer Schmerz bringt bei verschiedenen Personen verschiedene Resultate hervor. Den Heiland erregte er zu gewaltigem Ringen im Gebet, die Jünger schläferte er ein. Lukas sagt, daß sie „schliefen vor Traurigkeit.“ Ihr Meister mochte eine Entschuldigung finden für ihre Versäumnis; aber ach! wie mochten sie sich später tadeln, daß sie diese letzte Gelegenheit vernachlässigt hatten, mit ihrem ringenden Herrn zu wachen! Da Er keinen Trost von ihnen erhalten konnte, “ließ Er sie und ging abermal hin, und betete zum drittenmal und redete dieselbigen Worte.“ Diejenigen, welche lehren, daß wir nur einmal beten, und die dem Herrn vorgetragene Bitte nicht wiederholen sollten, können unsres Heilandes Beispiel nicht zur Unterstützung ihrer Theorie anführen, denn dreimal brachte Er in dieser furchtbaren Nacht dieselbe Bitte vor und gebrauchte sogar dieselben Worte. Auch Paulus flehte, gleich seinem Meister, den Herrn dreimal an, daß „der Pfahl im Fleisch, des Satans Engel,“ von Ihm weiche.

45. 46. Da kam Er zu seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Ach, wollt ihr nun schlafen und ruhen? Siehe, die Stunde ist hier, daß des Menschen Sohn in der Sünder Hände überantwortet wird. Stehet auf, laßt uns gehen; siehe, er ist da, der mich verrät.

Ich glaube nicht, daß Jesus ironisch sprach, wenn Er sagte: „Schlafet jetzt und ruhet,“ sondern daß Er ihnen ein wenig Schlaf gestattete, während Er dabei saß und wachte. Nicht lange saß Er, und nicht lange schliefen sie; denn durch die Ölbäume hindurch konnte Er das Leuchten der nahenden Fackeln sehen, und die Stille der Nacht wurde durch das Trampeln und Rufen der Schar unterbrochen, die gekommen war, Ihn zu verhaften. Er weckte seine schlaftrunkenen Jünger sanft auf, indem Er sprach: “Stehet auf, laßt uns gehen;“ und fügte Worte hinzu, die ihre traurigen Herzen mit Schrecken erfüllt haben müssen: “Siehe, er ist da, der mich verrät.“ Das Zermalmen in der „Ölpresse“ war vorüber. Die langerwartete Stunde des Verrats war gekommen, und Jesus ging ruhig vorwärts, göttlich gestärkt für die schrecklichen Leiden, die Ihn erwarteten, ehe Er ganz die Erlösung seiner Auserwählten vollenden konnte.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 26.47-56

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(Der König wird verraten. V. 47-56.)

47-49. Und als Er noch redete, siehe, da kam Judas, der Zwölfe einer, und mit ihm eine große Schar, mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Ältesten des Volks. Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen gegeben, und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist’s; den greifet. Und alsbald trat er zu Jesu, und sprach: Gegrüßet seist Du, Rabbi! und küßte Ihn.


Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß wir im Neuen Testament nicht lesen, daß irgend einer von den Zwölfen, ausgenommen Judas, jemals Jesum küßte. Es scheint, als wenn die unverschämteste Vertraulichkeit sehr nahe verwandt mit feiger Verräterei war. Dieses Zeichen des Judas war vorbildlich für die Weise, wie Jesus gewöhnlich verraten wird. Wenn Menschen die Inspiration der Schrift untergraben wollen, wie beginnen sie ihre Bücher? Nun, immer mit einer Erklärung, daß sie der Wahrheit Christi zu dienen wünschen! Christi Name wird oft verleumdet durch die, welche ihre Anhänglichkeit an Ihn laut bekennen und dann schändlich sündigen als die schlimmsten der Übertreter. Da ist erst der Judaskuß und nachher der Verrat. So sagte Judas: „Gegrüßet seist Du, Rabbi!“ und küßte Ihn, und verriet Ihn so durch das, was das Zeichen der innigsten Freundschaft hätte sein sollen.

50. Jesus aber sprach zu ihm: Mein Freund, warum bist du gekommen? Da traten sie hinzu, und legten die Hände an Jesum, und griffen Ihn.

Der sanfte und demütige Jesus sprach nicht, wie ein bloßer Mensch unter solchen Umständen hätte thun können. Er redete Judas nicht an mit „Elender!“ oder „Verruchter,“ sondern sein erstes Wort, nachdem Er des Verräters Kuß empfangen, war „Freund!“ Er klagte ihn nicht an als den schändlichsten der Menschen, sondern sprach ruhig: “Warum bist du gekommen?“ oder „Thue das, weshalb du gekommen bist.“ Sehr königlich benahm sich unser König in dieser furchtbaren Stunde. “Da traten sie hinzu, und legten die Hände an Jesum, und griffen Ihn.“ Er leistete keinen Widerstand, obwohl die ganze Schar nicht die Macht gehabt hätte, Ihn zu ergreifen, wenn Er nicht willig gewesen wäre, sich gefangen nehmen zu lassen. Sie kamen, um Ihn zu greifen, darum schützte Er seine Jünger vor der Verhaftung, indem Er sprach, als Er sich selbst den Kriegsknechten übergab: „Suchet ihr denn mich, so lasset diese gehen.“ Jesus dachte immer an andre. So in dem Garten, und selbst noch als Er am Kreuz hing.

51. 52. Und siehe, einer aus denen, die mit Jesu waren, reckte die Hand aus, und zog sein Schwert aus, und schlug des Hohenpriesters Knecht, und hieb ihm ein Ohr ab. Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Ort; denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.

Die Hand eines frommen Mannes ist nie so sehr am unrechten Ort, als wenn sie am Heft des Schwertes ist, dennoch ist stets ein Hang da, sogar unter Christen, das Schwert aus der Scheide zu ziehen. Es wäre viel besser gewesen, wenn die Hände des Petrus im Gebet sich gefaltet hätten. Dies Abhauen eines Ohrs des Malchus half dazu, ihn als einen derjenigen erkennen zu lassen, die mit Christo in dem Garten waren, und führte zu einer seiner Verleugnungen des Herrn. (Joh. 18,26.27.) Das Schwert hilft nie dazu, Christi Reich aufzurichten; alles, was durch dasselbe gethan wird, muß wieder vernichtet werden. Rohe Gewalt wird niederreißen, was rohe Gewalt aufgebaut hat.

53. 54.Oder meinst du, daß ich nicht könnte meinen Vater bitten, daß Er mir zuschickte mehr denn zwölf Legionen Engel? Wie würde aber die Schrift erfüllt? Es muß also gehen.

Wie königlich spricht unser König! Er beherrschte in Wirklichkeit die Sachlage. Er brauchte nur seinen Vater zu bitten, und “mehr denn zwölf Legionen Engel“ würden wir der Blitzstrahl vom Himmel herabkommen. Jeder schüchterne Jünger hätte Anführer einer himmlischen Legion werden können, während ihrem Herrn so viele zu Gebote standen, wie Er nur gewollt. Es war indes eine Schwierigkeit im Wege: “Wie würde aber die Schrift erfüllt werden? Es muß also gehen.“ Jesus dachte mehr daran, die Schrift zu erfüllen als daran, von den Händen böser Menschen befreit zu werden. Weder jüdische Bande noch römische Seile hätten Ihn gefangen halten können, wenn Er nicht von einer mächtigeren Kraft gehalten worden wäre, von jenem ewigen Bunde, den Er in betreff seines Volkes gemacht hatte.

55. Zu der Stunde sprach Jesus zu den Scharen: Ihr seid ausgegangen, als zu einem Mörder mit Schwertern und mit Standen, mich zu fangen. Bin ich doch täglich gesessen bei euch, und habe gelehrt im Tempel, und ihr habt mich nicht gegriffen.

Lukas sagt , da diese Frage an die Hohenpriester und Hauptleute des Tempels und die Ältesten gerichtet war. Doch sogar an diese richtete Jesus nur eine sanfte Vorstellung, statt der furchtbaren Anklage, die ihr Benehmen verdiente. Es schien eine große Posse, da? eine große Schar mit Schwertern und Stangen um Mitternacht aus Jerusalem gezogen war, um den „Mann der Schmerzen“ zu verhaften, der einem seiner Nachfolger nicht gestatten wollte, das Schwert zu seiner Verteidigung zu ziehen. doch selbst seine Feinde wußten, daß Er außergewöhnliche Macht besaß, wenn es Ihm gefiel, sie zu gebrauchen; und ihre große Anzahl, ihre Waffen und ihre Autorität waren Tribute, die sie unbewußterweise seiner königlichen Würde und Macht darbrachten.

56. Aber das ist alles geschehen, daß erfüllt würden die Schriften der Propheten. Da verließen Ihn alle Jünger und flohen.

Das eine, was unsrem Herrn am Herzen lag, war die Vollendung des Werkes, das Er zu thun gekommen war, auf daß die Schriften der Propheten erfüllt würden.

Jesus war nicht überrascht, daß alle Jünger Ihn verließen und flohen, denn Er hatte vorhergesagt, daß sie es thun würden. Er kannte sie besser, als sie sich selber kannten, darum weissagte Er, daß die Herde sich zerstreuen würde, wenn der Hirte geschlagen würde. So war es, denn als die grimmen Wölfe kamen und Ihn ergriffen, flohen alle Schafe.

Es würde zur ewigen Ehre eines der Jünger gedient haben, bis zuletzt bei Jesu geblieben zu sein, aber weder der liebevolle Johannes, noch der ruhmredige Petrus konnte die Probe dieser ernsten Zeit bestehen. Die menschliche Natur ist so armselig, selbst wo sie am besten ist, daß wir nicht hoffen können, einer von uns wäre mutiger oder treuer gewesen als die Apostel.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Matthäus 26.57-68

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(Der König vor dem jüdischen Hohenpriester. V. 57-68.)

57. Die aber Jesum gegriffen hatten, führten Ihn zu dem Hohenpriester Kaiphas, dahin die Schriftgelehrten und Ältesten sich versammelt hatten.


Einige der Hohenpriester und Ältesten waren so voll Wut gegen Christum, daß sie mit der römischen Kohorte, welche Jesum gefangen nehmen sollte, nach Gethsemane gingen; die übrigen versammelten sich im Hause des Hohenpriesters Kaiphas, und warteten darauf, daß ihr Opfer zu ihnen gebracht würde. Es war Nacht oder früher Morgen, aber sie waren nur zu willig, wach zu bleiben, um den Herrn der Herrlichkeit zu richten und dem König Israels Schmach anzuthun.

58. Petrus aber folgte Ihm nach von ferne bis in den Palast des Hohenpriesters, und ging hinein, und setzte sich bei den Knechten, auf daß er sähe, wo es hinaus wollte.

Petrus war nicht zu tadeln, daß er von ferne nachfolgte, denn er und Johannes waren die einzigen Jünger, die ihrem gefangenen Herrn überhaupt nachfolgten. Johannes ging mit Jesu in des Hohenpriesters Palast, und durch seinen Einfluß ward auch Petrus eingelassen. Angezogen durch das Feuer, setzte er sich bei den Knechten; ein gefährlicher Platz für ihn, wie es sich bald zeigte. Wenn ein Knecht Christi sich freiwillig bei den Knechten der Gottlosen niedersetzt, so folgen Sünde und Schmerz bald nach.

59-61. Die Hohenpriester aber und Ältesten und der ganze Rat suchten falsch Zeugnis wider Jesum, auf daß sie Ihn töteten; und fanden keine. Und wiewohl viel falscher Zeugen herzutraten, fanden sie doch keins. Zuletzt traten herzu zwei falsche Zeugen, und sprachen: Er hat gesagt: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen, und in drei Tagen denselben bauen.

Die Feinde Jesu wollten Ihn töten, und mußten darum wenigstens zwei Zeugen gegen Ihn haben, denn nach dem Gesetz Mose war das Zeugnis eines Zeugen nicht genügend, jemanden zu überführen, der eines todeswürdigen Verbrechens angeklagt war. Die Hohenpriester und Ältesten und der ganze Rat suchten falsche Zeugen, aber fanden keine, bis zuletzt zwei falsche Zeugen herzutraten, die Christi Worte verdrehten und ihren Sinn mißdeuteten; aber selbst sie stimmten nicht überein in ihrem Zeugnis (Mk. 14,59), und deshalb konnte Jesus nicht verurteilt werden.

62. Und der Hohepriester stand auf und sprach zu Ihm: Antwortest Du nichts zu dem, was diese wider Dich zeugen?

Wozu nützte das Antworten? Es war wirklich nichts da zum Beantworten, als klare und absichtliche Mißdeutung. Unser Herr wußte auch, daß der Rat entschlossen war, Ihn zu töten, und außerdem war eine andre Weissagung da, die erfüllt werden mußte: „Er that seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, und seinen Mund nicht aufthut.“

63.64. Aber Jesus schwieg stille. Und der Hohepriester antwortete und sprach zu Ihm: Ich beschwöre Dich bei dem lebendigen Gott, daß Du uns sagest, ob Du seiest, Christus, der Sohn Gottes. Jesus sprach zu Ihm: Du sagst es. Doch sage ich euch: Von nun an wird geschehen, daß ihr sehen werdet des Menschen Sohn sitzen zur Rechten der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels.

Die Zeit zum Sprechen war für Christum gekommen. Zuerst beantwortete Er die feierliche Beschwörung des Hohenpriesters und erklärte, daß Er “Christus, der Sohn Gottes,“ sei. Es war kein Grund mehr da, diese Thatsache zu verhehlen. Dann sprach ER eine Weissagung aus, die seine Ankläger erschreckt haben muß. Er stand da, gebunden, anscheinend allein und hilflos vor seinen mächtigen Feinden, welche Ihn bald zu töten hofften, aber dennoch erklärte der König und Prophet, daß sie Zeugen seiner künftigen Herrlichkeit sein und Ihn sitzen sehen würden “zur Rechten der Kraft, und kommen in den Wolken des Himmels.“ Seine Hörer verstanden Ihn richtig, Er erhob den Anspruch, göttlich zu sein, und freudig erkennen wir die Gerechtigkeit dieses Anspruchs an.

65. 66. Da zerriß der Hohepriester seine Kleider, und sprach: Er hat Gott gelästert; was bedürfen wir weiter Zeugnisses? Siehe, jetzt habt ihr seine Gotteslästerung gehört. Was dünkt euch? Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.

Wäre Er nicht er menschgewordene Gott gewesen, so wäre Er der Lästerung schuldig gewesen und würde den Tod verdient haben. Nach dem Gesetz Mose wurde ein Lästerer zu Tode gesteinigt. (3 Mose 24,16.) Christi Werke hatten bewiesen, daß Er Gott war, darum waren seine Worte nicht die eines Lästerers, aber sein Bekenntnis gab seinen Feinden die Gelegenheit, die sei suchten, und sie erklärten Ihn für unwürdig zu leben: “Sie antworteten und sprachen: Er ist des Todes schuldig.“ Er hatte vorhergesagt, daß Er gekreuzigt werden würde, obwohl die Strafe für Lästerung die Steinigung war, daher mußte das Verhör noch weitere Formen annehmen, ehe das Ende kam.

67. 68. Da speiten sie aus in sein Angesicht, und schlugen Ihn mit Fäusten. Etliche aber schlugen Ihm ins Angesicht: Weissage uns, Christo, wer ist es, der Dich schlug?

O, mit welchen Verhöhnungen und Grausamkeiten wurde unser teurer Heiland überhäuft! „Sünder banden des Allmächtigen Hände und spieen in das Antlitz ihres Schöpfers.“ Stellt diese zwei Sprüche zusammen: “Da speiten sie aus in sein Angesicht“ – „Und ich sehe einen großen weißen Thron, und den, der darauf saß, vor welches Angesicht floh die Erde und der Himmel, und ihnen ward keine Stätte erfunden.“ Am Tage seiner Erniedrigung schlugen sie Ihn und verspotteten Ihn, indem sie sprachen: “Weissage uns, Christe, wer ist es, der Dich schlug?“ Wenn sie nicht für ihre Bosheit Buße gethan haben, so wird der Tag kommen, wo der göttliche Richter auf jeden von diesen, die Ihn da schmähten, hinweisen wird und sprechen: „Du bist der Mann!“
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Matthäus 26.69-75

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(Der König wird von seinem Jünger verleugnet. V. 69-75.)

69. 70. Petrus aber saß draußen im Palast; und es trat zu ihm eine Magd, und sprach: Und du warst auch mit dem Jesu aus Galiläa. Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.


Während unser Herr in des Hohenpriesters Hause war, saß Petrus draußen im Palast. In dem Hofe, auf den die Zimmer des Palastes hinausgingen, hatten die Diener ein Feuer angezündet, um sich zu wärmen, während sie warteten und sahen, was mit Jesu geschehen würde. Petrus gesellte sich zu ihnen, und eine Magd, die ihn auf die Bitte des Johannes eingelassen hatte, sprach zu ihm: “Du warst auch mit dem Jesu aus Galiläa.“ Nun kam die Probe für seine zuversichtliche Prahlerei gegen unsren Hern: „Und wenn ich mit Dir sterben müßte, so will ich Dich nicht verleugnen.“ “Er leugnete aber vor ihnen allen und sprach: Ich weiß nicht, was du sagst.“ Was auch die Folgen eines Bekenntnisses Christi für Petrus gewesen wären, sie hätten nicht so schlimm sein können, wie diese niedrige Verleumdung war.

71.72. Als er aber zur Thür hinausging, sah ihn eine andre, und sprach zu denen, die da waren: Dieser war auch mit dem Jesu von Nazareth. Und er leugnete abermal und schwur dazu: Ich kenne den Menschen nicht.

Es gab so viele, die Petrus bei Christo gesehen hatten, daß er leicht als einer der Gefährten des Nazareners erkannt wurde. Seine zweite Verleugnung war von der ersten darin verschieden, daß er einen Schwur zu der Lüge hinzufügte und in betreff Christi erklärte: “Ich kenne den Menschen nicht.“ Vielleicht sollte der Eid beweisen, daß er kein Nachfolger Dessen war, der gesprochen: „Ich aber sage euch, daß ihr allerdings nicht schwören sollt;“ oder es mag eine Rückkehr zu der alten Gewohnheit des Petrus vor seiner Bekehrung gewesen sein. Wenn ein Kind Gottes einmal auf den abschüssigen Weg gerät, so kann kein Mensch sagen, wie rasch und wie weit es fallen wird, wenn ihn nicht die allmächtige Gnade aufhält.

73.Und über eine kleine Weile traten hinzu, die da standen, und sprachen zu Petrus: Wahrlich, du bist auch einer von denen; denn deine Sprache verrät dich.

Selbst wenn Petrus schwur, war etwas von dem galiläischen Accent (Betonung) darin, so daß diese Leute in Jerusalem seinen provinziellen Dialekt erkannten und zu ihm sagten: “Wahrlich, du bist ach einer von denen; denn deine Sprache verrät dich.“ Wenn ein Kind Gottes anfängt zu schwören, wird es nicht so sein, wie die Ungöttlichen es thun, und es wird sicherlich entdeckt werden.

74.75. Da hob er an, sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne den Menschen nicht. Und alsbald krähte der Hahn. Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da Er zu ihm sagte: Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen. Und ging hinaus, und weinte bitterlich.

Lügen führte zum Schwören, und Schwören zum Fluchen. Niemand als der Herr weiß, wieviel weiter Petrus noch gefallen sein würde, wenn er nicht von Gott in seinem sündlichen Laufe aufgehalten wäre. Viele Menschen hörten an jenem Morgen den Hahn krähen, aber für Petrus brachte dies eine ernste Mahnung an seines Herrn prophetische Warnung: “Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Es war noch etwas andres, das den Petrus mehr ergriff, als das Krähen des Hahns. Lukas erzählt uns: „Und der Herr wandte sich und sahe Petrum an.“ Petrus muß zum Herrn hinauf gesehen haben, sonst hätte er jenen Blick des Schmerzes, des Mitleids, der Liebe und Vergebung, den der Herr auf ihn warf, ehe er hinausging und bitterlich weinte, nicht gesehen. Wenn jemand von uns den Herrn verleugnet hat, der ihn erkauft, so möge er hinauf zu Ihm sehen, der jetzt vom Himmel niederblickt, bereit, dem Rückfälligen zu vergeben, welcher mit dem verlornen Sohne ruft: „Vater, ich habe gesündigt in dem Himmel und vor Dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, daß ich Dein Sohn heiße.“ Dieser selbe Petrus hielt, als er seines Herrn Gunst wieder erlangt hatte, am Pfingsttage die Predigt, welche zur Buße und Bekehrung von Tausenden seiner Hörer führte.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Matthäus 27.1-10

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(Der König wird vor Pilatus geführt. V. 1.2.)

1. Des Morgens aber hielten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volks einen Rat über Jesum, daß sie Ihn töteten.


Sie waren so voll Feindschaft gegen Jesum, daß sie begierig die erste Gelegenheit ergriffen, einen Rat zu halten, daß sie Ihn töteten. Sie hatten den letzten Teil der Nacht und die ersten Augenblicke des Morgens damit zugebracht, daß sie ihren erhabenen Gefangenen grüßten, verurteilten und schmähten. Jesus hatte vorhergesagt, daß Er den Heiden überantwortete werden würde, darum war der nächste Akt in dem furchtbaren Trauerspiele sein Erscheinen vor dem römischen Landpfleger.

2. Und banden Ihn, führten Ihn hin und überantworteten Ihn dem Landpfleger Pontius Pilatus.

Die, welche Jesum verhafteten, hatten Ihn gebunden, ehe sie Ihn zu Hannas brachten (Joh. 18,12.13.) Hannas sandte Ihn gebunden zu Kaiphas (Joh. 18,24). Nun band der Sanhedrin Ihn amtlich, und überantwortete Ihn dem Landpfleger Pontius Pilatus. Wie Isaak gebunden wurde, ehe er auf den Altar gelegt wurde, so ward das große Gegenbild gebunden, ehe es „wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt und dem römischen Landpfleger überliefert ward.

(Des Verräters Reue und Selbstmord. V. 3-10.)

3. 4. Da das sah Judas, der Ihn verraten hatte, daß Er verdammt war zum Tode, gereute es ihn, und brachte herwieder die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und den Ältesten, und sprach: Ich habe übel gethan, daß ich unschuldig Blut verraten habe. Sie sprachen: Was geht uns das an? Da siehe du zu.


Vielleicht erwartete Judas, daß Jesus sich durch ein Wunder befreien werde, aber als er sah, daß Er zum Tode verdammt war, ergriff ihn Reue, und er brachte seinen Mitverbrechern den Lohn seiner Schändlichkeit zurück. Ein gutes Resultat entsprang aus seinem verzweifelnden Bekenntnis: “Ich habe übel gethan, daß ich unschuldig Blut verraten habe.“ Judas war mit unsrem Herrn in seinem öffentlichen und Privatleben gewesen, und wenn er einen Fehler an Christo gefunden hätte, so wäre jetzt die Zeit gewesen, es zu sagen, aber sogar der Verräter erklärte in seinen letzten Worten, daß Jesus „unschuldig“ sei. Die Hohenpriester und Ältesten hatten nicht mehr Mitleid mit Judas, als mit Jesus. Keine Gewissensbisse beunruhigten sie; sie hatten den Heiland in ihrer Gewalt und kümmerten sich um keine der Folgen ihrer Handlung. Der Verräter hatte seinen Handel gemacht und mußte dabei bleiben.

5. Und er warf die Silberlinge in den Tempel, hob sich davon, ging hin, und erhängte sich selbst.

Diese schrecklichen Worte: “ging hin, und erhängte sich selbst“ enthüllen das wirkliche Wesen der Reue des Judas. Seine Reue war eine, die „ihn hätte gereuen“ sollen, nicht jene göttliche Traurigkeit, die da wirkt zur Seligkeit eine Reue, die niemand gereut. In der Geschichte der Gemeinde Christi, sind ein paar Beispiele gewesen von einer Reue, gleich der des Judas, welche Menschen zur Verzweiflung, wenn nicht zu wirklichem Selbstmord trieb. Möge Gott in seiner Barmherzigkeit uns vor ähnlichen furchtbaren Erfahrungen schützen!

6-8. Aber die Hohenpriester nahmen die Silberlinge und sprachen: Es taugt nicht, daß wir sie in den Gotteskasten legen; denn es ist Blutgeld. Sie hielten aber einen Rat und kauften einen Töpfersacker darum zum Begräbnis der Pilger. Daher ist derselbige Acker genennet der Blutacker bis auf den heutigen Tag.

Ob Judas den Acker kaufte, auf dem er Selbstmord beging (Apg. 1,18), oder ob die Hohenpriester, als sie hörten, wozu er die Silberlinge anwenden wollte, seine Absicht ausführten, macht keinen wirklichen Unterschied in dem Ergebnis. Der Blutacker wurde das beständige Erinnerungszeichen an die Schändlichkeit des Judas. Als er seinen Herrn verkaufte, dachte er wenig daran, was mit dem Geld, das er als den Preis für seinen Verrat erhielt, gethan werden würde. In dem vollsten Sinne, der nur möglich ist, war er schuldig an dem Blute des Herrn. Das Blut war auf ihm, nicht, um seine Begnadigung zu besiegeln, sondern um seine Verdammung zu bestätigen.

9. 10. Da ist erfüllt, das gesagt ist durch den Propheten Jeremias, da er spricht: Sie haben genommen dreißig Silberlinge, damit bezahlt ward der Verkaufte, welchen sie kauften von den Kindern Israel; und haben sie gegeben um einen Töpfersacker, als mir der Herr befohlen hat.

Sogar die Anwendung der dreißig Silberlinge erfüllte eine alte Weissagung. Die dunkelen Aussprüche der Propheten sowohl wie ihre klareren Worte werden sich alle als wahr erwiesen, wenn sie, eins nach dem andren, zur Reife gelangen.

Das Schicksal des Judas sollte eine ernste Warnung für alle sein, die sich als Christen bekennen, und besonders für alle Prediger. Er war einer von den zwölf Aposteln, doch war er ein Kind des Verderbens, und ging zuletzt „an seinen Ort.“ Jeder von uns hat seinen Ort, Himmel oder Hölle; welcher ist es?
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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Matthäus 27.11-19

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(Jesus. Pilatus. Barrabbas. V. 11-26.)

11. Jesus aber stand vor dem Landpfleger; und der Landpfleger fragte Ihn und sprach: Bist Du der Juden König? Jesus aber sprach zu ihm: Du sagst es.


Jesus sah nicht eben wie ein König aus, als Er vor Pilatus stand; es war wenig genug von königlichen Gewändern in seinem einfachen Anzuge. Doch muß selbst in seiner Erniedrigung so viel Majestät an Ihm gewesen sein, daß sogar der Landpfleger veranlaßt ward zu fragen: “Bist Du der Juden König?“ Es war kein Grund mehr vorhanden, weshalb der König seinen wahren Stand verhehlen sollte, darum antwortete Er: “Du sagst es.“ Es ist so, wie du sagst, ich bin der König er Juden.“ Die Juden verwarfen ihren König: „Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen Ihn nicht auf.“ Dennoch war Er ihr König, wenn sie sich auch weigerten, sich vor seinem Zepter der Gnade und Barmherzigkeit zu beugen.

12-14. Und da Er verklagt ward von den Hohenpriestern und Ältesten, antwortete Er nichts. Da sprach Pilatus zu Ihm: Hörest Du nicht, wie hart sie Dich verklagen? Und Er antwortete ihm nicht auf ein Wort, also, daß sich auch der Landpfleger sehr verwunderte.

Dies war die Zeit für Jesum, zu verstummen „wie ein Schaf vor seinen Scherern.“ Sein Schweigen setzte Pilatus in Staunen, wie sein Reden früher die, welche gesandt waren, Ihn zu verhaften, mit Ehrfurcht erfüllt hatte. (Joh. 7,45.46.) Jesus antwortete nichts, denn Er stand da als der Vertreter der Seinen, und wenn Er auch nicht gesündigt hatte, so waren sie doch alles dessen schuldig, das Ihm fälschlich zur Last gelegt wurde. Er hätte sich von jeder Anklage, die gegen Ihn vorgebracht wurde, reinigen können, aber das hätte die Last der Schuld auf denen gelassen, deren Stelle Er einnehmen wollte, und darum antwortete Er nicht ein Wort. Ein solches Schweigen war erhaben.

15-18. Auf das Fest aber hatte der Landpfleger die Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten. Er hatte aber zu der Zeit einen Gefangenen, einen sonderlichen vor andren, der hieß Barrabbas. Und da sie versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt ihr, daß ich euch losgebe? Barrabbas oder Jesum, von dem gesagt wird, Er sei Christus? Denn er wußte wohl, daß sie Ihn aus Neid überantwortet hatten.

Pilatus wollte Jesum wirklich gern von seinen grausamen Feinden befreien, aber wie die meisten gottlosen Menschen war er ein großer Feigling, darum versuchte er, seinen Zweck durch einen listigen Kunstgriff zu erreichen. Er wußte wohl, daß sie Ihn aus Neid überantwortet hatten, und er mag gehofft haben, daß Jesus bei dem Volk so beliebt sei, daß eine Berufung an die Masse einen Urteilsspruch zu gunsten Christi zur Folge haben werden, besonders da die Wahl des Freizulassenden zwischen dem „König der Juden“ und einem notorisch schlechten Menschen, Barrabbas, war. Gewiß würden sie bitten, daß ihr König freigegeben werde! Pilatus wußte wenig von der Herrschaft, welche die Hohenpriester über die Bevölkerung hatten, noch von dem Wankelmut der Menge, deren Jubelruf „Hosianna!“ sobald in das heisere Geschrei: „Hinweg mit Diesem! Kreuzige Ihn!“ verwandelt wurde.

19. Und da er auf dem Richtstuhl saß, schickte sein Weib zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; ich habe heute viel erlitten im Traum von seinetwegen.

Hier war ein unerwartetes Zeugnis für die Unschuld Christi. Ob der Traum des Weibes des Pilatus eine göttliche Offenbarung der Herrlichkeit Christi war oder nicht, können wir nicht sagen, aber die Botschaft, welche sie an den Landpfleger sandte, muß ihn nur noch besorgter gemacht haben, Christum freizugeben.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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