Wie der Papst B. Graham und Campus f.Chr. nach Polen brachte

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H.W.Deppe
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Wie der Papst B. Graham und Campus f.Chr. nach Polen brachte

Beitrag von H.W.Deppe »

Sehr interessante Hintergründe unter
http://www.christianitytoday.com/ct/2005/005/13.34.html
leider auf Englisch.

Hier ein kurzer übersetzter Auszug:

Als Karol Wojtyla am 16.101978 zum neuen Papst gewählt wurde und der Volksmenge auf dem Petersplatz zum ersten Mal zuwinkte, predigte stellvertretend auf seiner Heimatkanzel in Krakau niemand anderes als Billy Graham. Hinter dieser Tatsache steckt eine überraschende Geschichte über die Beziehungen des verstorbenen Papstes zu den US-amerikanischen Evangelikalen. Nach seinem Tod ist nun die Zeit gekommen, diese Geschichte zu erzählen.

Mitte der 1970er Jahre begannen US-amerikanische Missionsgesellschaften wie die Billy-Graham-Gesellschaft das Evangelium hinter dem Eisernen Vorhang in Osteuropa zu verbreiten. Nach Grahams erstem Feldzug auf kommunistischem Terrain in Ungarn 1977 wurde er von der evangelischen Minderheit Polens (weniger als 1% der Bevölkerung) in ihr katholisches Land eingeladen. So wie in seinem New-York-City-Feldzug von 1957 wollte Graham mit so vielen Katholiken wie möglich zusammenarbeiten.

Zuerst wies die katholische Kirche Polens ihn ab. Karol Wojtila (der spätere Papst J.P. II.) war die Ausnahme und erteilte Graham die benötigte Einladung zu seinem Feldzug in einem Land, wo die Evangelikalen als Sekte angesehen wurden. Die beiden Männer verabredeten sich zu einem Treffen bei Tee, aber als Graham in Polen ankam, war Wojtyla bereits nach Rom (zum Konklave) gerufen worden. Zu jener Zeit war der angehende Papst bereits Leiter einer radikalen Partnerschaft zwischen der polnischen katholischen Jugend-Reformbewegung Oasis und der US-amerikanischen evangelikalen Missionsorganisation Campus für Christus.

Ein Freund der Jugend
Der Gründer von Oasis und Freund Wojtylas Vater Franciszek Blachnicki konvertierte während der Gefangenschaft unter dem Naziregime. Er gründete die Oasis-Bewegung, um polnischen Jugendlichen zu helfen, unter der kommunistischen Regierung denselben lebendigen Glauben zu entdecken. Das Herz von Oasis waren die jährlichen Jugendveranstaltungen, bei denen sie sich in den Polnischen Bergen zurückzogen und die Pfadfindererfahrungen (Lagerfeuer, Wandern, Singen) als geistliche Erneuerungsübungen um die Mysterien des Rosenkranzes gestaltet wurden.

Jeden Sommer überschwemmten Tausende von Oasis-Anhängern die Städte in der Hohen Tatra. Um die kommunistischen Einschränkungen zu umgehen, mieteten sie Scheunen zum Schlafen und kochten im Freien. In jedem Ort gab es einen Leiter, der „von sich aus“ die Aktivitäten gemäß den Oasis- gestaltete. Es überrascht nicht, dass Wojtyla als Freund der Jugend einer der hingegebensten Förderer wurde, der jedes Jahr die Lager besuchte.

Wojtyla erkannte die Kraft von Oasis für die Erneuerung der Kirche durch geistliche Mobilisierung in seinem Kampf gegen den Kommunismus. Ehemalige Schüler von Oasis gelobten einen ethischen Lebensstil des geistlichen Widerspruchs gegen das feindliche kommunistische System. Bis Dezember 1983 hatten mehr als 300.000 Polen Oasis absolviert, darunter 40 % aller neuen Priester.

Nachdem Kardinal Wojtyla im August 1972 auf einem Berg eine Messe mit 700 Oasis-Pilgern gefeiert hatte, erzählte er ihnen: „Ich schaue auf euch aus dem Blickwinkel, dass der Kampf in unserem Land zunimmt, der Kampf für lebenswertes Leben, für ein System mit Werten. ... Ich denke, dass während der Oasis-Lager jeder von euch eine Oase schaffen kann, bevor er in die Wüste zurückkehrt, die uns umgibt ... denn die Wüste wird nicht länger gefährlich sein.“

Ein Oasis-Teilnehmer von 1975 war John Losiak, ein polnisch-amerikanischer Austauschstudent aus Chicago, der in Krakau studierte. Er traf Blacknicki und erzählte ihm, wie er durch eine ähnliche Jugendbewegung in den USA (Campus Crusade for Christ – Studentenmission für Christus) zum persönlichen Glauben gekommen war.

Losiak kam nach Polen, nachdem er vom „Crusade“-Gründer Bill Bright die Herausforderung gehört hatte, „als Studenten an ausländische Universitäten zu gehen und einen Dienst zu beginnen“. Erfüllt von seinen „Godstock“-Erfahrungen in Cotton Bowl bei der Explo 1972 mit weiteren 80.000 Crusade-Studenten entschloss sich Losiak nach Polen zu gehen. Kurz darauf berichtete er Campus Crusade, dass es in Polen eine dynamische katholische Jugendbewegung gab, die die persönliche Begegnung mit Christus betonte und den Kontakt zu gleichgesinnten westlichen Gruppen suchte.

Der Direktor von Crusade für Osteurope, Bud Hinkson, traf Blacknicki in Polen und sie einigten sich darauf, dass sich eine Delegation von 10 Amerikanern den Sommerlagern von Oasis im Jahr 1976 anschließen sollte. Diese feierten die Messe mit und setzten sich anschließend in kleinen Diskussionsgruppen zusammen. An den Abenden veranstalteten sie typisch evangelikale Treffen für die Polen, wo sie sangen, Sketche aufführten und jeder ein persönliches Zeugnis gab.

Sie hinterließen den Oasis-Leitern ein Basispaket mit Übungsmaterial, um mit dem Programm von Crusade vertrauter zu werden. Beeindruckt von den Crusade-Mitarbeitern und der Systematik, baten die Oasis-Führer Crusade wiederzukommen und dabei zu helfen, ihr gesamtes Lagerprogramm zu wiederholen.


Brights Fragen

Gemeinsam entwickelten die Polen und Amerikaner ein neues Lagerhandbuch unter Verwendung des Hauptübungsprogramms „Die zehn Schritte zur christlichen Reife“. Das Problem war, die Erlaubnis der Kirchenspitze zu erhalten, diesen protestantischen Inhalt zu drucken. Um alles ins Rollen zu bringen, gab Losiak eine Kassette mit dem Ablauf von Crusade an Kardinal Wojtyla in Krakau weiter. Im Jahr 1977 wurde dann die überarbeitete Version von „Die zehn Schritte zur christlichen Reife“ vollkommen von den Kirchenführern genehmigt und mit einer Auflage von 25.000 Stück gedruckt.

Als im darauffolgenden Sommer 27.000 Oasis-Pilger zu den Lagern kamen, erlebten sie dort eine eigenartige unverfrorene Mischung aus polnischem Katholizismus, Marienverehrung eingeschlossen, und amerikanischer evangelikaler Erweckungsbewegung. Campus Crusaders kam mit 30 Mitarbeitern und lehrte die Studentenleiter, die Blacknicki zu dem Zeitpunkt bat, die morgendlichen Haupttreffen zu leiten, bei denen die evangelikalen Standardthemen wie Errettung aus Gnade und Heilsgewissheit behandelt wurden.

Während sich einige fragen werden, ob Campus Crusade naiv war, können sie sich kein Bild vom Dozenten der Trinity Evangelical Divinity School, Norman Geisler, machen, der von Hinkson als Gastredner für die polnischen Sommerlager angeworben worden war. Nachdem Geisler aus Polen zurückgekehrt war, schrieb er in „The Christian Herald“ von seinem Einsatz: „Was ich erlebte, war eine dynamische, freudige, christliche und evangelikale Gemeinschaft von Gläubigen, die eifriger waren, das Wort Gottes zu lernen und zu leben, als die meisten amerikanischen Evangelikalen, die ich kenne.“ Geisler beschrieb jenen Sommer als erfreulichste Erfahrung seines bisher 25jährigen Dienstes.

Im Januar 1978 kam Blachnicki nach Amerika, um Bill Brigth im Hauptquartier von Campus Crusade in Arrowhead Springs in Kalifornien zu besuchen. Bright befragte Blachnicki zu den üblichen evangelikalen Themen: „Ich fragte ihn: was ist mit der Jungfrau Maria? Was ist mit den Gebeten zu den Heiligen? ... Er gab mir Antworten, die für jemanden mit meinem Hintergrund zufriedenstellend und erstaunlich waren“, erinnert er sich.

Mit Ausnahme von “ein paar Kleinigkeiten”, fasst Bright zusammen, “bestand kein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem was er glaubte und dem was ich glaubte.” Nach gut zehn Jahren, 1994, war Bright einer der Unterzeichner von „Evangelicals and Catholics Together (ECT) – eine Erklärung über die gemeinsamen Überzeugungen von 40 evangelikalen und katholischen Leitern. Bright führte seine Unterstützung auf sein persönliches Vertrauen in die geistliche Authentizität von katholischen Reformatoren wie Wojtyla und Blachnicki zurück, ein Vertrauen, das auf die bisherige gemeinsame Zusammenarbeit gegründet war.

So wie auch die Unterzeichner des ECT später in Amerika lernen mussten, Einwände gegen solche Beziehungen sind unvermeidbar. Das Experiment zwischen Oasis und Crusade konnte in Polen nicht bestehen ohne die Unterstützung der katholischen Führung

Die Hochburg der Oasis Bewegung im Süden Polens florierte unter Kardinal Wojtyla, das in sein Aufgabengebiet als Erzbischof von Krakau fiel. Laut dem päpstlichen Biographen George Weigel war er es, der „einen Schutzmantel über die Arbeit von Blachnicki ausbreitete“. Als Oasis auf das Material von Campus Crusade umstrukturiert wurde und die Amerikaner mit eingebunden wurden, gab Blachnicki das ganze überarbeitete Material an Wojtyla, damit dieser es überprüfe und vorab genehmige.

1977 kam unter den polnischen Katholiken eine aufwiegelnde Notiz in Umlauf, in der behauptet wurde, die Partnerschaft sei eine „Unterwanderung der Kirche durch Baptisten“. Die polnischen Bischöfe beriefen eine offizielle Untersuchungskommission, die sich aus Unterstützern Blachnickis wie Wojtyla zusammensetzte. Deren Bericht wies nicht nur den Vorwurf des Protestantismus zurück, sondern verteidigte und ermutigte zur Zusammenarbeit zwischen Oasis und Campus Crusade als rechtmäßige Durchführung des Rufes zur ökumenischen Zusammenarbeit im 2. Vatikanischen Konzil und in der päpstlichen Enzyklika von Papst Paul VI.

Nach Beendigung der Kommission veröffentlichte Kardinal Wojtyla eine Stellungnahme, in der Oasis gelobt wurde und die Beziehung zu Campus Crusade wuchs unvermindert weiter.



[... ]

Gruß, Werner
Zuletzt geändert von H.W.Deppe am 11.06.2005 10:35, insgesamt 6-mal geändert.

MichaelM
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Beitrag von MichaelM »

Abgelehnt.
Zuletzt geändert von MichaelM am 22.11.2005 18:44, insgesamt 1-mal geändert.

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andy
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Ein allgemeiner Trend...

Beitrag von andy »

Graham's Besuch wertet den Pabst nicht auf. Die Katholiken haben schon allerhand Leute und Trends mit offenen Armen empfangen. Motto: Wenn wir es nicht stoppen können, dann integrieren wir es halt und können wenigstens den Schaden gering halten. Das war z.B. beim Alpha-Kurs so: Ehe die katholischen Kirchgänger anderswo in einen Alpha-Kurs rennen, der womöglich von eher bibeltreuen Leuten veranstaltet wird, bietet die kath. Kirche lieber selbst Alpha-Kurse an, die dann kontrollierbar und inhaltlich beeinflußbar sind und darüberhinaus sowohl nach innen als auch nach außen (z.B. den Evangelikalen gegenüber) zeigen sollen, daß die katholische Kirche modern, lebensnah und an "Einheit" interessiert ist.

Graham ist auch nur einer von vielen... vergleicht hierzu auch die Haltung anderer Denominationen gegenüber den Katholiken. Die Adventisten zum Beispiel sehen im Pabsttum seit jeher die Wiege des Antichristen; gleichzeitig lassen sie sich aber - ebenso wie B. Graham - zu hochrangigen katholischen Ereignissen einladen, um ihr eigenes Profil aufzuwerten. Siehe hierzu den Titel "Adventisten keine Sekte - Gemeinsame Erklärung von Adventisten und Katholiken in Polen unterzeichnet" auf der Seite www.adventisten.info ... als hätten sie das nötig!

Als weiteren Punkt möchte ich hinzufügen, daß die Einladung eines B. Graham nach Polen nicht anders zu werten ist als die Einladung von Führern anderer Religionen zum gemeinsamen Friedensgebet nach Assisi: Es geht darum, daß 30 Millionen Menschen im Fernsehen sehen sollen, daß selbst Billy Graham und andere Größen der religiösen Szene auf Wunsch des Pabstes andere Termine absagen und mal eben schnell nach Europa reisen. Dabei ist die Gefahr klein, daß ein einziger Besuch eines bekannten evangelikalen Predigers in einer Stadt in Polen eine "gefährliche" Erweckung hin zum bibeltreuen Christentum auslösen könnte (vor allem, wenn dieser Mann aus den USA kommt und daher in das im ehemaligen Ostblock verbreitete Klischee des Klassenfeindes paßt).

Und zu allerletzt: Man kann einen Menschen nicht danach bewerten, mit welchen anderen Menschen er Umgang pflegt. Das haben die Pharisäer schon mit Jesus versucht. :wink:

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