Erster Tag der Woche (Sonntag) im NT

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Moderator: Jörg

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R. C. Müller
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Erster Tag der Woche (Sonntag) im NT

Beitrag von R. C. Müller »

Hallo,

ich beziehe mich noch mal auf einen Teilaspekt, der im inzwischen geschlosenen Thread http://www.betanien.de/forum/viewtopic.php?t=40 behandelt wurde. Sollte der Wiederaufgriff des Themas seitens der Moderatoren nicht gewünscht sein, kann der Beitrag selbstverständlich gelöscht werden.

Bitte entschuldigt, wenn ich noch mal auf meine Frage nach der Übersetzungsproblematik von „sabbathon“ (Genitiv Plural, mit Omega, nicht mit Omikron geschrieben) zurückkomme, obwohl die letzten Beiträge im vorgenannten Thread sich mit anderen Themen befassten.

Ich schlage vor, bei solchen „Themenwechseln“ der Übersichlichkeit und auch der Sachlichkeit wegen, besser einen eigenen Thread aufzumachen, der dann auch eine aussagefähige Bezeichnung erhalten könnte. Es besteht ja in den Threads die Möglichkeit gegenseitige Verweise/Links zu setzen.

Ich möchte auch gar nicht weiter auf die geistliche Bedeutung des Sabbats für uns heute eingehen, da ich glaube, dass das mit der Frage, ob der erste Tag der Woche auch in der Schrift (und nur das ist entscheidend) eine besondere Bedeutung hat, nur bedingt zu tun hat, denn jedenfalls ist der Sonntag nicht ein Ruhetag wie der Sabbat. Der Sabbat ist weder einfach auf den Sonntag verlagert worden, noch hat der erste Tag der Woche (auch heute nicht) die Bedeutung eines Ruhetages.

Die bisherigen Antworten auf meine Frage nach der Übersetzung befriedigen mich leider nicht, da mir immer noch nicht klar ist, wie eine konkordante Übersetzung in den entsprechenden Stellen „Sabbate“ statt „Woche“ übersetzt, ohne sinnentstellend zu sein.

Es haben mehrere auffällige Geschehnisse im NT am ersten Tag der Woche (ich bleibe bis auf weiteres bei dieser nach meiner bisherigen Meinung korrekten Übersetzung) stattgefunden, insbesondere die Auferstehung, und nach Apg. 20,7 scheint es im Zusammenhang dieses Kapitels die Gewohnheit der Gläubigen in Troas gewesen zu sein, an diesem Tag unter anderem zum Brotbrechen zusammenzukommen.

Des Weiteren ist mir nicht klar, auf welchen Tag man den „dem Herrn gehörenden“ Tag (Offb. 1,10) beziehen möchte, wenn nicht auf den Sonntag.

Mir scheint demnach der erste Tag der Woche auch in der Schrift eine gewisse Sonderstellung zu haben, auch wenn dieser natürlich nicht in der Form wie ursprünglich der Sabbat von Gott „geheiligt“, d. h. ausdrücklich in besonderer Weise für Ihn abgesondert wurde. Das hat dann, wie ich bereits versucht habe, aufzuzeigen, nichts mit heidnischen Gepflogenheiten zu tun. Nach wie vor halte ich es daher für eine schriftgemäße Gewohnheit, insbesondere am Sonntag zusammenzukommen, nicht nur, weil das am diesem Tag am zweckmäßigsten ist, weil dieser für die Meisten in Westeuropa ein freier Tag ist. Selbstverständlich wäre es ein Armutszeugnis, wenn man nur an diesem Tag persönlich oder auch in offiziellen Zusammenkünften Gemeinschaft hätte. Darum geht es mir nicht, sondern darum, dass mir der Schwerpunkt der Zusammenkünfte am Sonntag durchaus biblisch zu sein scheint.

Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht aber auch ein „Schwacher“ i. S. v. Rö. 14 (insbes. Verse 5-6).

Noch zur Erläuterung: Ich hatte geschrieben, dass die Deklaration des Sonntags zum Feiertag „nur“ die Gefahr der Vermischung bot. Hiermit meine ich, dass dann, wenn der Sonntag bereits vorher (im NT) eine bestimmte Sonderstellung hatte, dies erst mal nichts mit Übernahme heidnischer Gebräuche zu tun hatte. Dies bot im Gegenteil infolge des freien Tages gewisse Freiheiten, die man sicher erst einmal dankbar in Anspruch nehmen dürfte (machen wir doch auch, oder nicht?). Damit sind aber bekanntlich immer große Gefahren der Vermischung bzw. Anpassung an die Welt verbunden. Insbesondere bestand die Gefahr, Elemente der Religion der Sonnenverehrer zu übernehmen, weil ja vordergründig gewisse Parallelen zu erkennen waren. Vielleicht war es auch die konkrete Intention durch die Machthaber damals, hier eine Annäherung/Vermischung herbeizuführen. Hieraus lässt sich trotzdem nicht rückschließen, dass der Sonntag nur eine Übernahme babylonisch-heidnischer Formen und damit auf jeden Fall mit jedem anderen Tag gleichzusetzen sei. Natürlich ist durch die später aufgekommene Umdeutung des Sabbats als Feiertag auf den Sonntag vieles durcheinander geworfen worden. Wir dürfen da aber m.E. nicht in ein gegenteiliges Extrem fallen.

Zur Abgrenzung zwischen Sabbat und dem „dem Herrn gehörenden Tag“ noch ein Zitat von dem so genannten apostolischen Vater „Ignatius (von Antiochien)“ aus seinem Brief an die Magnesier (um 110 n. Chr.) : „Wenn nun die nach dem alten Brauche lebten, umgekehrt zur neuen Hoffnung gelangt sind, indem sie nicht mehr den Sabbat halten, sondern ihr Leben nach dem Sonntag [griech. kata kyriaken: nach dem dem Herrn gehörenden; Anm. RCM] richten, an dem auch unser Leben auf gesprießt ist durch ihn und seinen Tod - was einige leugnen - ein Geheimnis, durch das wir den Glauben erhielten und wegen dessen wir ausharren, damit wir uns ausweisen als Schüler Jesu Christi, unseres einzigen Lehrers; wie werden wir leben können ohne ihn, dessen Schüler im Geiste sogar die Propheten waren, und den sie als ihren Lehrer erwarteten? Und deshalb ist er, den sie in Gerechtigkeit erwarteten, euch erschienen und hat sie von den Toten erweckt. „ (siehe http://www.glaubensstimme.de/kirchenvae ... us/185.htm )

Hier der griechische Text (aus http://www.textexcavation.com/greekigna ... sians.html )

Ει ουν οι εν παλαιοις πραγμασιν αναστραφεντες εις καινοτητα ελπιδος ηλθον, μηκετι σαββατιζοντες αλλα κατα κυριακην ζωντες, εν η και η ζωη ημων ανετειλεν δι αυτου και του θανατου αυτου, {ον} τινες αρνουνται, δι ου μυστηριου ελαβομεν το πιστευειν, και δια τουτο υπομενομεν, ινα ευρεθωμεν μαθηται Ιησου Χριστου του μονου διδασκαλου ημων -

πως ημεις δυνησομεθα ζησαι χωρις αυτου, ου και οι προφηται μαθηται οντες τω πνευματι ως διδασκαλον αυτον προσεδοκων; και δια τουτο, ον δικαιως ανεμενον, παρων εγειρεν αυτους εκ νεκρων.

Gruß
Ralf Christian Müller
Zuletzt geändert von R. C. Müller am 30.04.2005 22:35, insgesamt 1-mal geändert.

joasch
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Beitrag von joasch »

Hallo Ralf Christian,

ich hatte den Thread geschlossen, weil außer endloser Wiederholungen nichts Neues bzw. Sinnvolles mehr kam; außerdem wurde es bei fünf Seiten schon sehr unübersichtlich. Einige Beiträge, die mit dem eigentlichen Thema nichts zu tun hatten, habe ich heute gelöscht, so auch beim Thema „Vorentrückung“, das ich nach getaner Arbeit (und das am Sabbat...! :wink: ) wieder freigegeben habe.

Was das Thema „Sabbat und Zehnter“ betrifft, halte ich es aber für sinnvoll, diesen Thread geschlossen zu lassen. Ich schrieb ja bereits, daß es besser sei, die Themen einzeln für sich zu diskutieren. Also, wenn Diskussionsbedarf besteht, nur zu. Aber nochmals meine Bitte von hier aus an die anderen Diskussionsteilnehmer: bitte beim Thema bleiben und keine Verschwörungstheorien, sondern solide Argumente liefern...


Liebe Grüße
Joachim

P.S.: Wie hast Du das mit dem griechischen Text hingekriegt??? $:o

R. C. Müller
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Beitrag von R. C. Müller »

Hallo Joachim,

danke für die Erläuterungen. Wegen des griechischen Textes musst Du Dich bei den Erstellern der genannten Webseite bedanken, von der ich die zwei Sätze herauskopiert habe. Dort hatte ich nach einigem Suchen den Originaltext gefunden (ich kenne die Seite sonst nicht).

Offensichtlich haben die die griechischen Buchstaben im ASCII-Code wiedergegeben, damit keine Unterstützung griechischer Zeichensätze erforderlich ist. Wenn ich da etwas verwechselt habe, möge mich jemand, der sich mit EDV besser auskennt, korrigieren.

(Die gerade vorgenommene Editierung meines Vorbeitrags betraf nur Tippfehler).

Gruß

Ralf Christian

maria
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Sabbat - Sonntag - erster Tag der Woche

Beitrag von maria »

Nona schreibt im letzten Posting von Sabbat/Zehnten, das nun geschlossen ist:

Ich freu mich drauf, Gott im Himmel auch am Sabbat anzubeten! Jes.66

Lieber Joasch

Könnten wir das letzte Posting von Nona, im geschlossenen Thread Sabbat und Zehnten noch rübernehmen zum ersten Tag der Woche?

Falls nicht, lösche bitte diesen Eintrag, danke.

Liebe Grüsse maria
Da fand ich, Den meine Seele liebt.

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Stefan Pohl
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Beitrag von Stefan Pohl »

Lieber Ralf Christian,

mir ging es ja im vorigen Themenkreis hauptsächlich um die geistliche Bedeutung des Sabbat, und wie gesagt halte ich die Sonntagsfrage für ein Ablenkungsmanöver (nicht Deinerseits, sondern allgemein) um genau von dieser Bedeutung abzulenken. Ich werde mich hier deshalb sehr zurückhalten.

Trotzdem folgende Bemerkungen zu Deinen Fragen / Ausführungen: Es ist mir nicht klar, wie man Offb. 1, 10 überhaupt auf den Sonntag (oder irgendeinen Wochentag beziehen kann, wenn man frei von kirchengeschichtlichen Beeinflussungen einfach den Text liest. »Ich wurde im Geist [befunden] in dem Herrn-Tag« sagt ja nur aus, daß Johannes im Geist hineinversetzt wurde in den (zukünftigen) Tag des Herrn (Gerichtstag).

Die Unterscheidung, die Du für den ersten Wochentag anregst zwischen »einer gewissen Sonderstellung« einerseits und »nicht geheiligt« andererseits ist nicht möglich, denn geheiligt bedeutet ja nichts anderes als abgesondert, zur Seite gesetzt, eben: mit einer Sonderstellung versehen. Wenn wir hier Heiligung ersten und zweiten Grades verleihen wollten, müßten wir den biblischen Grund verlassen. Also: Ist der erste Tag heilig (abgesondert) im Vergleich zu den anderen Tagen oder nicht, und wenn ja: Wo und mit welcher Begründung weist Gott das an?

Ich habe im anderen Zweig des Forums schon darauf hingewiesen, daß selbst dann, wenn man den Plural Sabbaton mit Woche übersetzen würde, man keinesfalls ohne Gewaltanwendung zu der Fügung »erster Tag der Woche« kommen könnte.

Röm. 14 kann auf den Sonntag keine Anwendung finden, da hier nur erlaubt wird, die Feste des Alten Bundes zu heiligen, das »Erfinden« von Festen gibt dieser Text bestimmt nicht her.

Ich halte es nicht für ein gegenteiliges Extrem, wenn wir bei allem, was wir über den Sonntag heute wissen können, einfach sagen: Abstand halten! – Natürlich nicht in Bezug auf den Wochentag selbst, der sich ja objektiv ereignet und damit genauso mit Dankbarkeit nutzbar ist wie jeder andere. Aber im Bezug auf seine Heiligung. Paulus schreibt: FLIEHET den Götzendienst. Schon deshalb, weil wir ja Christus darstellen sollen und nicht uns selbst. Auch dies setzt der Anwendung von Röm. 14 enge Grenzen.

Eine Frage habe ich doch noch: Wie ist es Dir gelungen, den griechischen Zeichensatz ins Forum zu schmuggeln? Ich bin bisher schon regelmäßig daran gescheitert, Textteile kursiv oder fett zu markieren.

Herzliche Grüße
Stefan.

maria
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Tag des HERRN

Beitrag von maria »

Tag des HERRN

Ich war im Geist an dem dem Herrn gehörenden Tag, und ich hörte hinter mir eine laute Stimme wie von einer Posaune. Off. 1,10 Interlinearübersetzung ,
Griechisch-Deutsch.

Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Joel 3,4

Siehe, ich will euch senden den Propheten Elia, ehe der große und schreckliche Tag des HERRN kommt. Mal. 3,23


Am Tage des Herrn geriet ich in Verzückung. Offenbarung 1,10

Wer ist tauglich, die Offenbarung zu lesen? Die Antwort finden wir in dem, was Johannes selbst widerfuhr. Bei dem ersten der Gesichte sah er nicht kommende Ereignisse, sondern Christus selbst. Auch Johannes, der an Jesu Brust gelegen hatte, brauchte eine Offenbarung seines ewigen Herrn, die ihn in den Staub warf. Erst dann konnte ihm gezeigt werden, »was geschehen wird«. Niemand ist zugerüstet, die danach von Johannes berichteten Dinge zu erforschen, wenn er nicht zuvor das gesehen hat, was Johannes am Anfang sah; erst wenn wir Jesus so sehen, sind wir für den Kampf gerüstet.

Die Offenbarung verkündet den großen Kampf des Herrn. Sie erklärt allem den Krieg, was sich seiner Königsherrschaft widersetzt. Deshalb will sie uns Christus als König auf dem Herrscherthron zeigen. Nur ein solcher Anblick schafft Kämpfer.
W.Nee ( Zeugen für Seine Glaubwürdigkeit: Betanien.de, Soundwords, CLV.

maria
Da fand ich, Den meine Seele liebt.

Manfred
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Argumente gegen die Übersetzung "ein Tag der Sabbatfris

Beitrag von Manfred »

Hallo Stefan,

gegen die Übersetzung "ein Tag der Sabbatfristen" von "te mia ton sabbaton" sprechen folgende chronologische und logische Argumente:

1. Bei Übersetzung mit "ein Tag der Sabbatfristen" hätten die Frauen den Sabbat gebrochen, als sie zum Grab gingen. Dass sie wegen der Wichtigkeit der Angelegenheit den Sabbat gebrochen haben, wird widerlegt durch die Aussage, dass sie nach der Grablegung und Besorgung der Öle und Salben den Sabbat ruhten wegen des Gebotes (Luk 23,56). - Sie hätten sich also zunächst streng an den Festsabbat gehalten, um dann am Wochensabbat gegen das Gesetz zu verstoßen.
Nach üblicher Chronologie haben die Frauen den Samstag (Sabbat) abgewartet, haben am Abend noch Gewürze der Salbung besorgt und sind am nächsten Werktag (Sonntag) in aller Früh zum Grab gegangen (Mk 16,1-2).

2. Die Emmausjünger begegneten dem HErrn am selben Tag, als das leere Grab entdeckt wurde. Wenn dies ein Sabbat gewesen wäre, hätten sie so eine weite Strecke gar nicht wandern dürfen, da nur ein Sabbatweg von 900m erlaubt war. Der Satz "Doch auch bei alledem ist es heute der dritte Tag, seitdem dies geschehen ist." (Luk. 24,21) zeigt, dass es sich um den 3. Tag seit dem Tod handelt.


Sprachlich ist noch anzumerken, dass "mia" nicht zwingend als "ein" zu übersetzen, sondern auch also Ordnungszahlwort iSv. "erster" verwendet wird, z.B. in Offb. 21.19.

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Stefan Pohl
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Beitrag von Stefan Pohl »

Lieber Manfred,

ich hatte oben eigentlich Zurückhaltung angekündigt, da Du mich aber persönlich ansprichst, will ich auch nicht unhöflich sein:

zu 1.
ist anzumerken, daß ja kein Sabbatbruch vorliegt, wenn Christus wirklich an einem Donnerstag/Freitag auferstanden ist. Immer noch: von Freitag bis Sonntag bekommt man nicht 3 Tage und 3 Nächte unter (Mt. 12, 40!) Man müßte entweder diese Stelle ignorieren oder die Mathematikkenntnisse aus den ersten Schuljahren.

zu 2.
ist zu sagen, daß die Übersetzung mit »ein« zumindest naheliegender ist, auch daß man auf einer so vagen Sache wie der Übersetzung mit »erster« auf keinen Fall eine so weitreichende Theologie aufbauen kann wie dies die »Ritter vom Ersten Wochentag« tun, eine Lehre, die ja sonst nirgends in der Schrift gestützt, begründet oder erläutert wird. Selbst in Offb. 21, 19 kann ich mit »ein« übersetzen, ohne daß der Inhalt entstellt wird; in den Codizes Receptus und Alexandrinus steht hier ohnehin nicht »mia« sondern »protos«. Dies ist, wie Du weißt, das Wort, das regelmäßig benutzt wird, um das Zahlwort eins auszudrücken und daß wir eben gerade dort nicht finden, wo es einige wohl gerne hätten.
Man müßte also erstens sabbaton mit Woche übersetzen (was ja an anderen Stellen nicht getan wird und wofür es auch keine außerbiblischen Belege in der sonstigen Literatur gibt); man müßte zweitens mia mit erster übersetzten – was sonst auch kaum zu rechtfertigen ist – und hätte dann drittens immer noch kein Lehrgerüst, das mit anderen biblischen Aussagen zusammenpaßt. Das verlangt viel ab.
Seien wir ehrlich: Wer ohne die Kenntnis der Kirchengeschichte und der aus ihr resultierenden Glaubenssätze die Bibel lesen würde, käme im Leben nicht zu solchen Schlüssen.

Herzliche Grüße
Stefan.

joasch
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Beitrag von joasch »

Hallo zusammen,

da hier einiges zur angeblich wahren oder einzig richtigen Bedeutung bestimmter Worte gesagt wurde, worüber ich ehrlich gesagt nur den Kopf schütteln kann, folgende Anmerkungen:

1. Zum Ausdruck „Tag des Herrn“ in Offb 1,10
Diese Stelle hat nichts mit dem „Tag des HERRN“ („hêméra [toû] kyríou“), d.h. dem Gerichtstag Gottes zu tun (in Offb 1,10 liegt ein anderer Ausdruck vor [„kyriakê hêméra“], der genauer mit „der dem Herrn gehörende Tag“ zu übersetzen ist). Gemeint ist also in der Tat ein besonderer Tag, der offensichtlich dem Herrn geweiht ist (selbst der Apostel Johannes sieht das so!). Das von Ralf Christian oben angeführte Ignatius-Zitat wie auch die von Hardy im Thread „Sabbat und Zehnter“ genannten Zitate anderer „Kirchenväter“ zeigen eindeutig, daß damit der erste Wochentag gemeint ist, den wir Sonntag zu nennen pflegen.
Da ich schon Stefans Einwand ahne: Nein, wir können nicht eine Bibelauslegung mit Kirchenväterzitaten beweisen; aber wir können sehr wohl anhand zeitgenössischer Quellen Aufschluß darüber erlangen, was bestimmte Worte im NT bedeuten!

2. Zum Ausdruck „tê miâ [tôn] sabbátôn“
Offb 21,19 sagt nichts zur Sache, denn dort geht es nicht um Wochentage, sondern um zwölf Edelsteine. Wohl alle Handschriften haben hier das Wort „prôtos“ („erster“; Nestle-Aland verzeichnet keine abweichende Lesart). Einen „Codex Receptus“ gibt es übrigens nicht.

„tê miâ [tôn] sabbátôn“ ist ein feststehender Ausdruck für „der erste Tag der Woche“ (ein Hebraismus, der über die Septuaginta [älteste griech. Übers. d. AT] ins neutestamentliche Griechisch gelangt und dort sogar zur Regel geworden ist). Siehe Blass/Debrunner/Rehkopf, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, § 247.1, S.198; Hoffmann/v. Siebenthal, Griechische Grammatik zum Neuen Testament, § 145a, S. 211. Die von Stefan befürwortete Übersetzung „ein Tag der Sabbatfristen“ ist also vollkommen abwegig.

3. Zum Ausdruck „drei Tage und drei Nächte“
Das ist keine Frage von Grundschul-Mathematik, sondern ebenfalls eine hebräische Redewendung. Damit sind nicht volle 72 Stunden gemeint, sondern schlicht ein Zeitraum von drei Tagen, wobei auch der Teil eines Tages genügte, damit dieser als Tag gezählt wurde. Vgl. 1Mo 40,19+20; 42,17+18; 1Kö 12,5+12 (= 2Chr 10,5+12); Est 4,16+5,1+4.

Daß die Redewendungen „drei Tage und drei Nächte“, „nach drei Tagen“ und „am dritten Tag“ gleichbedeutend sind, zeigt auch der Gebrauch im NT:

a) Auferstehung Jesu „am dritten Tag“:
Mt 16,21; 17,23; 20,19; 27,64; Lk 9,22; 18,33; 24,7.21.46; Apg 10,40; 1Kor 15,4

b) Auferstehung Jesu „nach drei Tagen“:
Mt 27,63; Mk 8,31; 9,31; 10,34


Zusammenfassung
Jesus ist also am dritten Tag (nicht haargenau 72 Stunden) nach seiner Kreuzigung auferstanden, die am Freitag geschah (= 1. Tag nach seinem Tod). Dieser wird in allen Evangelien als der „Rüsttag“ oder Vorbereitungstag für den Sabbat bezeichnet. Am Sabbat (= Samstag = 2. Tag nach dem Tod Jesu) ruhten die Frauen; am dritten Tag nach Jesu Tod (= 1. Tag der Woche = Sonntag) gingen sie zum Grab, um den Leichnam Jesu zu salben, doch da war er schon auferstanden. Dieser Tag der Auferstehung Jesu wurde von den Zeiten der Apostel an als besonderer, „dem Herrn gehörender Tag“ anstelle des jüdischen Sabbats (Samstag) gefeiert.

Joachim

maria
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3 Tage und 3 Nächte

Beitrag von maria »

Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der erste Tag. 1.Mo. 1,5

Für die Israeliten geht ein Tag immer von Sonnenuntergang bis wieder Sonnenuntergang.

Freitag geht von Donnerstag Abend bis Freitag Abend.
Jesus wurde noch am Freitag in das Grab gelegt.
Wenn auch nur wenige Minuten, so gilt das als Tag = Der 1. Tag.
Freitag Abend bis Samstag Abend. = Der 2. Tag.

Samstag Abend bis Sonntag Abend. = Der 3. Tag.
Auch wenn Jesus nur einige Stunden im Grab gelegen hat.

Nach der Aussage der Bibel war Jesus Christus 3 Tage und 3 Nächte im Grab.
Da fand ich, Den meine Seele liebt.

R. C. Müller
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Registriert: 22.04.2005 20:26

Beitrag von R. C. Müller »

Vielen Dank, Joachim, für die Ausführungen, denen ich mich fast vollständig anschließen kann.

Nur weiß ich nicht, ob man sagen kann, dass der erste Tag der Woche "gefeiert" wurde. Ich denke auch, dass der Tag in besonderer Weise zum Gedenken des Herrn verwandt wurde, das ging aber vermutlich nicht mit dem Einhalten gesetzlicher Formalia einher, da der Christ nicht mehr unter Gesetz steht. Es scheint mir auch, dass das der Grund ist, dass wir keine besondere Anweisung haben, den ersten Tag der Woche in besonderer Weise "zu halten".

Insofern würde ich auch nicht sagen "anstelle des Sabbats" (im Sinn von Sabbatersatz). Der erste Tag markiert einen Neuanfang. An diesem Tag wurde die Erstlingsgarbe darbracht (3. Mo. 23,11) So ist an diesem Tag auch Christus als "Erstling der Entschlafenen" (1.Kor. 15,20) auferstanden.

Zur Ergänzung: Ein ähnlicher Ausdruck wie "kyriakê hêméra" wird meines Wissens sonst nur noch in 1. Kor. 11,20 verwendet: "kyriakón deĩpnon", das "dem Herrn gehörende Mahl", in ausdrücklicher Abgrenzung zu einem normalen Mahl.

Zur Gleichsetzung mit dem Tag des Herrn: Mir ist nicht ganz klar, wieso man, wenn man auf konkordante Wortwiedergabe wert legt, ausgerechnet die beiden unterschiedlichen Ausdrücke "Tag des Herrn" und "dem Herrn gehörender Tag" gleichsetzt, zumal Offb. 1,10 durchaus eine Tagesangabe nahelegt, da direkt vorher auch der Ort genannt wird.

Zur Kirchengeschichte: Die begann doch wohl zu Pfingsten und von den ersten ca. 60 Jahren bekommen wir in der Schrift etwas mit? Und zur Zeit von Ignatius (vermutete Abfassung ca. 107 n. Chr.), der wohl den von Johannes verwendeten Ausdruck aufgreift, war die Offenbarung wahrscheinlich noch keine 20 Jahre alt. Da war von der Einführung des Sonntags als Feiertag von Staats wegen noch gut zwei Jahrhunderte lang keine Rede.

Gruß

Ralf Christian

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