Die Verwerfung des Ratschlusses Gottes durch die Pharisäer

Nur für Gläubige, die die fünf Punkte des Arminianismus ablehnen

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Gast

Die Verwerfung des Ratschlusses Gottes durch die Pharisäer

Beitrag von Gast »

Hallo,

wie versteht ihr denn folgenden Vers:

Lukas 7,29 Und das ganze Volk, das ihn hörte, und die Zöllner gaben Gott recht, indem sie sich taufen ließen mit der Taufe des Johannes; 30 die Pharisäer aber und die Gesetzesgelehrten verwarfen den Ratschluß Gottes, sich selbst zum Schaden, indem sie sich nicht von ihm taufen ließen. (Schlachter 2000)

Lukas 7,30 die Pharisäer aber und die Gesetzesgelehrten machten in Bezug auf sich selbst den Ratschluß Gottes wirkungslos, indem sie nicht von ihm getauft worden waren. (Elberfelder 1905)

Wie kann ein Mensch den Ratschluß Gottes für sich ungültig machen?

Liebe Grüße,

David

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Pilger Andreas
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Beitrag von Pilger Andreas »

Gottes Ratschluß war, Sünder durch Johannes zur Umkehr, zu Jesus, zu rufen. Niemand kann Gott anklagen, Gott sei schuld, daß man nicht glaubt.

Gruß,
Andreas

Robert
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Beitrag von Robert »

In diesem Thread sollen wir Nicht-reform.Christen nicht schreiben, daher die Bitte, diese wichtige Frage in einem anderen Teil noch einmal stellen!Danke.

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,

ich hab mich bei meiner Frage mißverständlich ausgedrückt!
Gerade weil ich an die Gnadenlehre glaube, würde mich interessieren, wie andere reformierte Christen diesen Vers verstehen, da ich mir da unsicher bin.

Liebe Grüße,

David

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo David,

nachfolgend möchte ich Dir zwei (fast gegensätzliche) Meinungen aus unterschiedlichen Bibelkommentaren weitergeben. Beide Meinungen sind sehr interessant und nach meiner eigenen Sichtweise auch zutreffend. Allerdings dürfte die letztere Aussage besser auf Deine Frage eingehen. Danach sieht der Autor mehr die Verkündigung des Willen Gottes im Vordergrund und damit sieht er es als den Heilsrat Gottes an, dass allen Menschen das Heil zu verkündigen sei, d.h. auch den Pharisäern und Gesetzeslehrern.

Beide Kommentare kannst Du unter sermon-online finden.
Ich hoffe, dass ich weiterhelfen konnte.

Gruß und Gottes Segen für Dich

Olly


1. Quelle: Karl August Dächsel, Band 5, Die Bibel, NT, Die synoptischen Evangelien, von 1874 (2004) Seite 668 (altdeutsche Schrift – fast wörtliche Wiedergabe im nachfolgendem Zitat)

zu Lukas 7, 29,30

‚ … Von der Treue, womit der Herr selbst für die Seinen als Anwalt eintritt und sich ihrer aus priesterlichem Herzen annimmt, sehen wir im Text eine Probe in dem öffentlichen Zeugnis, welches er vor allem Volk seinem angefochtenen Knechte gibt. Johannes mag in einer schwachen, bangen Stunde den Schein erwecken , als könne er an Jesu irre werden; aber sein treuer Heiland misst ihn nicht nach dieser Stunde, er kennt ihn besser. Die Anfechtung geht vorüber, aber die göttliche Berufung, welcher er gefolgt ist, das Zeugnis, das er abgelegt hat, die Gesinnung, die seine stetige geworden ist und unverrückt die Regel seines Tuns bildet, hat Gottes Geist ihm gewirkt, und Gottes Gaben und Berufung mögen ihn nicht gereuen. So uns unser Herz verdammt, schreibt der Apostel (1. Joh. 3, 20), so ist Gott größer als unser Herz und erkennt alle Dinge. Wenn in des Herrn Reiche nur Helden stehen sollten, die nie verzagt und deren Fuß nie gewankt hat, wer von uns dürfte eines Anteils daran getrösten? Aber er richtet die Gebeugten auf, und die nicht für sich selber sprechen können, weil ihr erschrockenes Gewissen sie stumm macht, die wirft er darum nicht weg, die deckt sein priesterliches Wort; sie sind ihm dennoch wert, er wird mit seinem Zeugnis sie beschämen, wenn sie nicht wagen ihre Augen zu ihm aufzuheben, aber doch ihre Seele an ihm hängt, er wird zu ihnen sprechen: fürchte dich nicht , sei getrost ! ich habe deinen Glauben angesehen, du sollst leben. ’


2. Quelle: Theodor Zahn, Kommentar zum NT, Band III, Das Evangelium des Lukas, von 1913, Seite 315-316 (fast wörtliche Wiedergabe im nachstehenden Zitat)

zu Lukas 7, 29,30

‚ Jesus fährt vielmehr (V. 29-30) fort, wie er vor V. 24 angefangen hatte, auf die Zeit zurückblickend, da der Täufer in Freiheit und Kraft wirkte. Damals hat das Volk in seiner Gesamtheit, d.h in seiner überwiegenden Mehrheit, nachdem es die Predigt von Johannes gehört hatte, und besonders auch die Zöllner, d.h. zahlreiche Glieder dieser Beamtenklasse, Gott für gerecht erklärt, d.h. den durch den Täufer verkündigten Willen Gottes, dass jedermann sich taufen lasse, um Vergebung der Sünden zu empfangen, als eine gerechte Forderung erkannt, indem sie sich mit der Taufe des Johannes taufen ließen. Dagegen haben die Pharisäer und die Gesetzeslehrer, indem sie sich nicht von Johannes taufen ließen, in Bezug auf sich selbst den Ratschluss Gottes vereitelt. Boulē , … , bezeichnet nicht den gebietenden Willen, sondern den auf Beratung und Überlegung beruhenden Beschluss. Der durch den Täufer zu verwirklichende Ratschluss Gottes aber hatte zum wesentlichen Inhalt die Herstellung eines für die schließliche Offenbarung Gottes zubereiteten Volkes Gottes durch Bekehrung Vieler von den Söhnen Israels. Er bezog sich nicht auf bestimmte Individuen, sondern, wie eben diese Wort Jesu vor anderen deutlich zeigt, der Idee nach auf alle Israeliten, auch auf die Pharisäer und Gesetzeslehrer. Dass diese Idee an den letzteren nicht verwirklicht wird, ist lediglich die Folge ihrer Ablehnung des auch ihnen geltenden und verkündigten Heilsrates Gottes. ’

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H.W.Deppe
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Beitrag von H.W.Deppe »

Hallo David,
wessen Denken arminianisch geprägt ist, der mag in diesem Vers einen Strohhalm für seine Position zu finden meinen. Ganz sicher kann aber ein einzelner Vers nicht eine Lehre aushebeln - die der Souveränität Gottes auch im Heil - die sich wie ein roter Faden durch die ganze Schrift zieht.

Zunächst ist zu der Elberfelder Übersetzung "den Ratschluss Gottes wirkungslos machen" anzumerken, dass dies ganz unglücklich übersetzt ist. ethetesan bedeutet verwerfen, nicht anerkennen, ablehnen, für ungültig erklären, aufheben. Im Grunde ist "den Rat Gottes verwerfen" (Schlachter) gleichbedeutend mit "das Evangelium ablehnen".

Heilsgeschichtlich gesehen ist es von Bedeutung, dass dies über Israeliten gesagt wird. Der Herr Jesus war zuerst zur Nation Israel gesandt - dem Volk Gottes des Alten Bundes. Es war Gottes Ratschluss (boule - Absicht, Beschluss, Plan), den Herrn Jesus (und seinen Vorläufer Johannes) zur Nation Israel zu senden, aber die Pharisäer haben diesen Ratschluss für sich persönlich nicht akzeptiert und verworfen - im Gegensatz zu denen, die "Gott Recht gaben - ihn als gerecht (und sich selbst als ungerecht) erklärten" (V. 29) und sich in Buße unter ihn demütigten.

Mit dem starken Ausdruck "Ratschluss Gottes" bestätigt und bekräftigt der Herr Jesus Johannes und seinen Dienst. Sich von Johannes taufen zu lassen, war keine Option im Sammelsurium des damaligen spirituellen Angebotes, sondern von Gott zum Heil verordnet:
1. Johannes war nicht irgendwer, sonder der "Größte" der alten Heilsordnung. (V. 28)
2. Seine Taufe war keine übertriebene Inszenierung, sondern notwendiger Ausdruck der notwendigen Umkehr.
3. Nicht eine sektiererische Minderheit ließ sich von ihm taufen, sondern "alles Volk" (V. 29, vgl. Mt 3,5 par).
All das zeigt, dass Johannes und sein Dienst nicht menschlichen Ursprungs, sondern Gottes Ratschluss war. Die Pharisäer waren in einer prekären - soteriologisch absolut unheilvollen - Situation, weil sie diesen Ratschluss verworfen hatten - und das ist das, was Lk 7,30 deutlich macht.

Im weiteren Sinne lässt sich dies auch verallgemeinern, da Gott in der Heilsordnung des Neuen Bundes das Evangelium für die ganze Welt bestimmt hat - und jeder, der es ablehnt, damit für sich persönlich den (allgemeinen) Ratschluss Gottes verwirft. Dass dies der sündigen Natur entspricht, und dass ein gegensätzliches Verhalten (ein Annehmen des Evangeliums) nur aufgrund der Gnade Gottes möglich ist, braucht hier nicht explizit gesagt zu werden. In Lukas 7,30 werden weder arminianische Lehren gelehrt noch wird reformatorischen Lehren widersprochen. Oder habe ich hier irgend etwas übersehen?

Herzl. Gruß
Werner
"Der Prophet, der einen Traum hat, erzähle den Traum! Wer aber mein Wort hat, rede mein Wort in Wahrheit! Was hat das Stroh mit dem Korn gemeinsam? spricht der HERR." (Jer 23,28)
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joasch
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Beitrag von joasch »

Hallo Werner,

die Elberfelder Bibel (alte wie revidierte) hat hier nicht „ganz unglücklich übersetzt“, sondern schlicht und ergreifend völlig falsch. Das hier vorliegende Wort ēthétēsan (Indikativ Aorist 3. Pl. von athetéō) hat laut Bauer/Alands Wörterbuch zum NT folgendes Bedeutungsspektrum:
a) für ungültig erklären, aufheben;
b) verwerfen, nicht anerkennen, ablehnen
Damit man sich ein besseres Bild davon machen kann, im folgenden einmal alle Vorkommen dieses Wortes im NT:
ELB Mk 6,26 Und der König wurde sehr betrübt; doch um der Eide und um derer willen, die mit zu Tische lagen, wollte er sie nicht zurückweisen.
SCH Mk 6,26 Da ward der König sehr betrübt; doch um des Eides und um derer willen, die mit ihm zu Tische saßen, wollte er sie nicht abweisen.

ELB Mk 7,9 Und er sprach zu ihnen: Trefflich hebet ihr das Gebot Gottes auf, auf daß ihr eure Überlieferung haltet.
SCH Mk 7,9 Und er sprach zu ihnen: Wohl fein verwerfet ihr das Gebot Gottes, um eure Überlieferung festzuhalten.

ELB Lk 7,30 die Pharisäer aber und die Gesetzesgelehrten machten in Bezug auf sich selbst den Ratschluß Gottes wirkungslos, [Anm.: falsch übersetzt!] indem sie nicht von ihm getauft worden waren.
SCH Lk 7,30 die Pharisäer aber und die Schriftgelehrten verwarfen den Rat Gottes, sich selbst zum Schaden, und ließen sich nicht von ihm taufen.

ELB Lk 10,16 Wer euch hört, hört mich; und wer euch verwirft, verwirft mich; wer aber mich verwirft, verwirft den, der mich gesandt hat.
SCH Lk 10,16 Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verwirft, der verwirft mich; wer aber mich verwirft, der verwirft den, der mich gesandt hat.

ELB Joh 12,48 Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten an dem letzten Tage.
SCH Joh 12,48 Wer mich verwirft und meine Worte nicht annimmt, der hat schon seinen Richter: das Wort, das ich geredet habe, das wird ihn richten am letzten Tage.

ELB 1Kor 1,19 Denn es steht geschrieben: „Ich will die Weisheit der Weisen vernichten, und den Verstand der Verständigen will ich hinwegtun.
SCH 1Kor 1,19 denn es steht geschrieben: «Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.»

ELB Gal 2,21 Ich mache die Gnade Gottes nicht ungültig; denn wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben.
SCH Gal 2,21 Ich setze die Gnade Gottes nicht beiseite; denn wenn durch das Gesetz Gerechtigkeit kommt, so ist Christus vergeblich gestorben.

ELB Gal 3,15 Brüder, ich rede nach Menschenweise; selbst eines Menschen Bund, der bestätigt ist, hebt niemand auf oder verordnet etwas hinzu.
SCH Gal 3,15 Brüder, ich rede nach Menschenweise: Sogar eines Menschen Testament, wenn es bestätigt ist, hebt niemand auf oder verordnet etwas dazu.

ELB 1Thes 4,8 Deshalb nun, wer dies verachtet, verachtet nicht einen Menschen, sondern Gott, der euch auch seinen Heiligen Geist gegeben hat.
SCH 1Thes 4,8 Darum also, wer sich darüber hinwegsetzt, der verachtet nicht Menschen, sondern Gott, der auch seinen heiligen Geist in uns gegeben hat.

ELB 1Tim 5,12 so wollen sie heiraten und fallen dem Urteil anheim, weil sie den ersten Glauben verworfen haben.
SCH 1Tim 5,12 Sie verdienen das Urteil, daß sie die erste Treue gebrochen haben.

ELB Heb 10,28 Jemand, der das Gesetz Moses’ verworfen hat, stirbt ohne Barmherzigkeit auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen;
SCH Heb 10,28 Wenn jemand das Gesetz Moses mißachtet, muß er ohne Barmherzigkeit auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin sterben,

ELB Jud 1,8 Doch gleicherweise beflecken auch diese Träumer das Fleisch und verachten die Herrschaft und lästern Herrlichkeiten.
SCH Jud 1,8 Trotzdem beflecken auch diese in gleicher Weise mit ihren Träumereien das Fleisch, verachten die Herrschaft und lästern die Majestäten.

(ELB = alte Elberfelder 1930; SCH = Schlachter 1951)
Ich denke, dadurch dürfte der Sachverhalt klar sein.

Herzliche Grüße
Joachim
Solus Christus - Sola Gratia - Sola Fide - Sola Scriptura - Tota Scriptura

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,

vielen Dank Euch allen für Eure hilfreichen Antworten.

Liebe Grüße und eine gesegnete Woche,

David

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