Naherwartung & Ausbleiben

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Florian
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Registriert: 08.08.2012 11:09

Naherwartung & Ausbleiben

Beitrag von Florian »

Liebe Brüder.

Lasst mich meinen Kampf und mein Anliegen kurz beschreiben:
Ich bin nun schon seit einem Jahrzehnt Gläubig. Was mich zum einen zum Vertrauen in Jesus Christus gebracht hat, waren auf der Rationellen Ebene die AT Prophetien
* Die direkten
* Die symbolischen (Stiftshütte, Opfersystem)
* Die Geschichtenhaften: Arche, Abraham - Isaak...

All dies verwoben ineinander führte mich zur Überzeugung und hält mich auch heute noch fest am Glauben. :)

Soweit so gut... nun gibt es aber immer wieder ein Thema über das ich stolpere. Und welches interessanter Weise im krassen Konflikt mit der oben genannten Überzeugung steht.
Nämlich: Die Wiederkunft Jesu und die Naherwartung der Apostel und der ersten Christen.

Was lässt mich zweifeln?
Mir kommen einige Schriftstellen sehr komisch vor.
Mir scheint es so, dass die ersten Christen Jesu Wiederkunft unmittelbar erwarteten. Das ist ja noch nachvollziehbar.
Aber warum um alles in der Welt heißt es andauernd "siehe ich komme bald" als Verheißung für das Ausharren der Gläubigen?!

2000 Jahre später komme ich mir da etwas hinters Licht geführt vor!

Einige Zitate zum besseren Verständnis
Denn noch eine kleine, ganz kleine Weile, dann wird der kommen, der kommen soll, und wird nicht auf sich warten lassen. (Heb 10:37)
Diese Stelle finde ich am mühsamsten, über diese stolpere ich dauernd...
Es spricht, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald! Amen. — Ja, komm, Herr Jesus! (Offb 22:20)
Natürlich wird dann immer auch gleich 2.Pet 3 zur Begründung herangezogen:
Dabei sollt ihr vor allem das erkennen, daß am Ende der Tage Spötter kommen werden, die nach ihren eigenen Lüsten1 wandeln 4 und sagen: Wo ist die Verheißung seiner Wiederkunft? Denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so, wie es von Anfang der Schöpfung an gewesen ist! 5 Dabei übersehen sie aber absichtlich, daß es schon vorzeiten Himmel gab und eine Erde aus dem Wasser heraus [entstanden ist] und inmitten der Wasser bestanden hat durch das Wort Gottes; 6 und daß durch diese [Wasser] die damalige Erde infolge einer Wasserflut zugrundeging. 7 Die jetzigen Himmel aber und die Erde werden durch dasselbe Wort aufgespart und für das Feuer bewahrt bis zum Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen. 8 Dieses eine aber sollt ihr nicht übersehen, Geliebte, daß ein Tag bei dem Herrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag! 9 Der Herr zögert nicht die Verheißung hinaus, wie etliche es für ein Hinauszögern halten, sondern er ist langmütig gegen uns, weil er nicht will, daß jemand verlorengehe, sondern daß jedermann Raum zur Buße habe. 10 Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb in der Nacht; dann werden die Himmel mit Krachen vergehen, die Elemente aber vor Hitze sich auflösen und die Erde und die Werke darauf verbrennen.
Das ist aber für mich nur eine Teilantwort. Natürlich verstehe ich das darin beinhaltete Argument, dennoch beantwortet es die Frage nicht warum unzählige Schriftstellen so formuliert sind als würde Jesus noch zu Lebzeiten der Apostel wiederkommen. Wenn alle Schrift von Gott eingegeben ist, dann müsste doch der Wortlaut nicht so eindeutig sein.

Nun bin ich schon gespannt was ihr mir hier als Antwort geben könnt.
Nur für den Fall der Fälle: Der Pretarismus liefert mir leider auch keine befriedigende Antwort zum Thema, denn obgleich zwar das "Problem" der Naherwartung und Wiederkunft im 1.Jhdt verschwindet, so tauchen für mich noch mehr Probleme damit auf. Eines davon zB die direkte Verbindung zwischen Wiederkunft und Weltgericht, wenn die Erde in Krachen vergehen wird...

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Joschie
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Wie ein Dieb in der Nacht!

Beitrag von Joschie »

Florian hat geschrieben:Diese Stelle finde ich am mühsamsten, über diese stolpere ich dauernd...
Es spricht, der dies bezeugt: Ja, ich komme bald! Amen. — Ja, komm, Herr Jesus! (Offb 22:20)
Florian, das Wort bald=tachu wird in der Unrevidierte Elberfelder Übersetzung mit bald (7), eilends (2), schnellen (2), fressen (1) übersetzt, dazu die Strongnummern G 5034,G 5035, G 5036. Das Wort bald=tachu steht nicht sehr oft im Neuen Testament, es kommt am meisten in der Offenbarung des Johannes vor.
Dazu schreibt Adolf Pohl:
Ein wichtiges Buch für die frühe christliche Zukunftserwartung ist die Offenbarung des Johannes. Sie soll zeigen, "was bald geschehen muss" (Offenbarung 1,1), denn "die Zeit ist nahe" (Offenbarung 1,3; 22,10). Für bald finden wir den griechischen Ausdruck en táchei, wiederzugeben durch schnell, eilends oder mit großer Geschwindigkeit. Davon leitet sich unser Fremdwort Tachometer (Geschwindigkeitsmesser) ab. Dieses Wort steckt auch in Jesu Ankündigung "Ich komme bald" (Offenbarung 3,11; 22,7.12.20), griechisch tachy. Das sagt nicht unbedingt, dass der Zeitraum bis zum Kommen Jesu kurz ist, sondern vor allem, dass sein Kommen blitzartig und überraschend sein wird.
Quelle:Die Offenbarung des Johannes, erklärt von Adolf Pohl (Wuppertaler Studienbibel). Wuppertal/Zürich 1989, S.68 (zu Off 1,1-3).
Die Ankündigung, dass das Eingreifen Gottes "mit großer Geschwindigkeit" erfolgen werde, war bereits den Leser des Alten Testaments vertraut. Dort war etwa zu lesen: "Seht, ich sende meinen Boten; er soll den Weg für mich bahnen. Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht" (Maleachi 3,1a). Diesen hier angekündigten Boten identifizierte Jesus mit Johannes dem Täufer (Mt 11,10), also sich selbst mit dem plötzlich kommenden Herrn. Tatsächlich verging zwischen Maleachi und Jesus dann noch etwa ein halbes Jahrtausend.

Für mich persönlich ist die Bibelstelle Offb. 22:20 gleichzeitig Verheißung und Ermahnung zugleich, da beides mit der Parusie Christi untrennbar verbunden ist. Dazu noch 1Thess 5,2 "Denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn so kommt wie ein Dieb in der Nacht".
Mir ist gerade noch dieser Liedtext, aus meiner Jugendzeit eingefallen:

Keiner weiß wann; keiner weiß wie,
doch alle werden Ihn sehn!
Einer sagt jetzt, ein andrer sagt nie,
doch alle werden Ihn sehen!

Du hast gesagt, Du kommst zurück
und alle werden Dich sehn!
Du allein weißt den Augenblick,
doch alle werden Dich sehn!

Wird es Tag oder Nacht um uns sein?
Kommst Du in unser Spiel, unsre Arbeit hinein?
Keiner weiß wann, keiner weiß wie,
doch alle werden Dich sehn!.....

Deutscher Text von Manfred Siebald
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

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