Der Zehnt Gebot oder Richtschnur?

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Moderator: eddi

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Jeremia ich habe deinen Beitrag öfter gelesen ich werd nicht daraus schlau was du eigendlich sagen willst :?:
Gruß Joschie
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31

jeremia
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Beitrag von jeremia »

Dann sind wir wenigsten eine meinung,denn ich verstehe nicht daß du es nicht verstehen willst? Sind es meine Wörte die dich nicht passen oder der
umgangsform. Oder weil ich dir die Gemeinde wo ich gehöre dir nicht veraten will? Und wenn ich schlecht geredet habe,so gibt zeugnis von dem Schlechten! Johannes 18,23.

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Joschie
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Beitrag von Joschie »

Es ist ganz einfach die Art und Weise deiner Argumentation..
Gruß Joschie
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andy
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Beitrag von andy »

Hallo alle,

den Stil der Argumentation kann ich in den entsprechenden Beiträgen auch nicht nachvollziehen, muß aber in einem Punkt dem User "jeremia" recht geben: Neid und Ungerechtigkeit haben nicht zwangsläufig miteinander zu tun. Wenn ich sehe, wie ein Chef seine Mitarbeiter ausnutzt (z.B. 60 Stunden pro Woche arbeiten läßt zum Lohn von 40) und zur Vermehrung seines Reichtums selbst kaum etwas beiträgt, dann ärgert es mich umsomehr, wenn dieser Chef ein Christ ist. Das ist ein schlechtes Zeugnis. Deshalb will ich noch lange nicht so sein wie er, egal wie reich.

Leider ist es eben ein in vielen Gemeinden verbreiteter Trend, daß "Pastoren" behaupten, ihre besondere Gabe des Predigens stelle sie von jeglicher anderer Arbeit frei, während dies bei den Inhabern anderer Gaben allerdings nicht der Fall sei. Auch ist es i.d.R. nicht so, daß ein Pastor aufgrund des Umfang seiner Tätigkeit seinen Beruf aufgibt... stattdessen ist "Pastor" ein eigener Berufszweig, der auch bei einer Gemeinde von 25 Personen eine Vollzeitstelle bei entsprechender Vergütung bedeutet.

Lebensstandard

Man könnte selbst durch eine recht eingeschränkte statistische Erhebung feststellen, daß das Verhältnis von Mietwohnungen zu Einfamilienhäusern bei Pastoren wesentlich weiter Richtung Einfamilienhaus ausschlägt als im Durchschnitt der Gemeinde. Es geht also nicht um die biblisch zu rechtfertigende Versorgung des Pastors, sondern darum, daß der Pastor einen höheren Lebensstandard genießt als die meisten in der Gemeinde, obwohl er ja als vorbildlicher Diener dastehen sollte.

Auch geht es mir auf die Nerven, daß Pastoren sich selbst mitunter als Volbilder in Sachen Kindererziehung hinstellen, obwohl sie hinsichtlich Urlaub und Freizeit eine ganz andere Flexibilität kennen als alle anderen. Zuletzt haben Pastoren auch eine Machtposition. Manch ein Pastor baut eine Gemeinde mit auf und ist am Ende derjenige, der alle Fäden in der Hand hat. Alles läuft über ihn. Dann sagt er, er brauche ab sofort mindestens 3500 Euro im Monat, oder er müßte sich eine andere Gemeinde suchen. Was hat denn die Gemeinde für eine andere Wahl, als lieb zu lächeln, ein wenig zu feilschen und schließlich zu zahlen...?

Beruf: Vorzeigechrist

Ich kenne manche (unbekehrte) Leute, die eine zeitlang in eine Gemeinde gingen und denen der Widerspruch zwischen der gepredigten Selbstverleugnung und dem luxoriösen Lebensstil der Gemeindeleiter zum Stolperstein wurde. Schöne Dinge sind nicht an sich schlecht, und diese Leute hatten vermutlich eh nach einem Vorwand für ihren Unglauben gesucht. Aber ich muß eingestehen, daß wir eine Kultur entwickelt haben, in der der Pastor eine Art Vorzeigechrist für die ganze Gemeinde ist... auch in äußerlichen Dingen. Wenn der Pastor einen neuen Besucher sonntags zum Mittagessen einladen soll, dann doch bitteschön in einem anständigen Häusle mit Terrasse, nicht im 5. Stock einer Mietskaserne.

Pastor: Wo hört der Beruf auf?

Auch gibt es bei Pastoren oft keine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben, so daß ein gewissenhafter Pastor fast zwangsläufig ins Dilemma kommt: War das Essen mit den zwei Neuen jetzt geschäftlich oder privat? Soll die Gemeinde die Kosten tragen oder die Familie durch die pastorale Arbeit eine Mehrbelastung erfahren? An solchen banalen Kleinigkeiten, von Druckerpatronen bis zur Teilnahme an christlichen Events, sieht man das Problem überall durchschimmern. Alles ist Beruf, irgendwie. Aber all dies sind Dinge, bei denen sämtliche anderen Gemeindeglieder die Kosten selbst tragen müssen. Manch ein Pastor verbucht alles als privat, bringt seinen Besitz selbstlos ein und wird mitunter schamlos ausgenutzt. Ein anderer verbucht alles als Gemeindeausgabe und verwendet Gelder, die woanders viel nötiger wären.

Pastor ist kein Beruf, sondern eine Berufung.

Wenn jemand bereit ist, alles zu geben, dann kann ihn die Gemeinde auch gut finanziell versorgen. So ein Mensch wird nie zur Last. Wenn jemand hingegen einen Job sucht, dann soll er sich einen suchen, bei dem er durch den Fleiß seiner Hände Geld erwirtschaftet. Beides zusammen geht nicht wirklich.

Am "besten" fand ich einen Pastor, der stets seine Predigten am spannendsten Punkt beendete und dann darauf hinwies, daß nun die Zeit fehle, daß man aber alles weitere in seinem Buch nachlesen könne, das für ein paar Euro am Büchertisch erhältlich sei -- krass ;o)

Die Gemeinde sollte eher wie eine Familie funktionieren, bei der alle teilen, alle was zu essen und alle genug anzuziehen haben. Doch wir haben eine Firma draus gemacht, mit Gehältern, Buchhaltung, Aktenbergen und finanzieller Absicherung. Es geht nicht darum, was wir einem Pastor in Liebe entgegenbringen für seinen aufopfernden Dienst. Es geht eher darum, welche finanziellen Mittel bereitzustellen sind, die einem Pastor gemäß Erfahrung und Familienstand zustehen. Aber wohin soll das gehen? Jeder Dienst erfordert Zeit und Geld vom einzelnen. Pastoren werden schon bezahlt. In manchen Gemeinden sogar schon die Leute, die sich um Jugend und/oder Lobpreis kümmern. Als nächstes wollen dann die Tontechniker für ihren Dienst am Sonntagmorgen bezahlt werden, weil sie ja gefragte Experten sind. Und die Dame am Büchertisch will am Ende auch noch 5% Provision ;o)

Na dann, gute Nacht!

Andy

Gast

Beitrag von Gast »

Hi andy,
in meiner Gemeinde gibt es drei Älteste, die sind alle berufstätig und zwar 100%. Und alle geben genau so 100% in die Verkündigung, Seelsorge, Leitung. Es ist natürlich nicht so, daß die drei alle Breiche der Gemeindearbeit ständig abdecken können. Sollen sie aber auch gar nicht. Jeder soll sich doch eigentlich theoretisch um Jeden kümmern. Sind wir nicht eine Familie, schuldig, unserem Nächsten zu dienen? DAS soll Gemeinde sein.
Gruß
M.

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Naomi-Liebliche
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Beitrag von Naomi-Liebliche »

Super die beiden letzten Beiträge, es ist richtig lustig zu lesen, wenn es nur nicht so furchtbar traurig wäre. Wie war das mit der Urgemeinde, laßt uns doch die Schrift öffnen und nachlesen... ??!
Zu mehr als Überwindern hat er uns gemacht, seien wir es auch...Bild

Johannes S.
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Beitrag von Johannes S. »

Hallo zusammen

ich glaub ich muss hier mal eine Lanze für die Prediger brechen, die in einem vollzeitlichem, bezahltem Dienst stehen.
Zuerst zum AT-Zehnten:
Bereits in Deuteronomium 14 wird der genauer beschrieben. Dort heißt es sogar expliziet das der Zehnte des 3.Jahres auch für den Leviten ist:
Da soll dann der Levit kommen, weil er weder Teil noch Erbe mit dir hat, und der Fremdling und die Waise und die Witwe, die in deinen Toren sind, und sie sollen essen und sich sättigen, damit dich der HERR, dein Gott, segne in allen Werken deiner Hände, die du tust.
Doch nicht nur der Zehnte dient zur Versorgung der Leviten und der Priester. In Exodus und Leviticus wird zudem noch bestimmt, dass die Priester sich von dem Opfer (ausser dem Brandopfer) ernähren. (Ex. 10, Lev. 1-7 Opferanweisungen). Bei allen Opfern ausser dem Brandopfer, das ein Ganzopfer ist, und einem Opfer für die eigenen Sünden hatte der Priester einen Anteil. Auch in Numeri 18 wird ein Opferanteil und der Zehnte den Priestern zugewiesen. Das wird auch in Deuteronomium 18 bestätigt. Bei dem Zehnten handelt es sich also nicht, wie von Jeremia nahegelegt, um eine spätere Erfindung der Leviten um sich auf Kosten des Volkes zu versorgen, sondern um ein biblisches Gebot.

Zu der Korinther-Stelle: Paulus sagt hier nicht, dass ein Prediger nicht vom Predigen leben darf, sondern er sagt genau das Gegenteil:
So hat auch der Herr angeordnet, dass die, welche das Evangelium verkündigen, vom Evangelium leben sollen. 1.Korinther 9,14


Auch in Galater 6,6 wird ausdrücklich geagt, dass dem der unterweist auch ein Lohn zusteht:
Wer im Wort unterrichtet wird, der gebe dem, der ihn unterrichtet, Anteil an allen Gütern!
Zwar nimmt Paulus selbst kein Geld entgegen, aber das macht er nicht zur allgemeinen Regel. Er sagt vielmehr, dass ein Prediger sehr wohl bezahlt werden soll. Es ist falsch hier ein "fremdes Joch" auf die zu legen, die in einem bezahlten vollzeitlichen Dienst stehen.

Ich halte es auch für falsch hier pauschal eine böse, gierige Gesinnung zu unterstellen. Das mag bei manchen zutreffen, die sind aber, zumindest bei wahren Gläubigen, sicher in der absoluten Minderheit.

Ich halte es auch für falsch vom einem Prediger zu verlangen, in armseligsten Verhältnissen zu leben. In einem solch reichen Land wie dem unseren muss der Prediger nicht unbedingt in einer Bruchbude leben. Hier denke ich kann man als Richtwert die finanziellen Verhältnisse der Gemeindemitglieder nehmen. Es aber nicht richtig, dass die Gemeinde ein Armutsideal an ihren Pastor hinträgt, während sie selbst in ihren Einfamilienhäusern sitzen. Es ist sicher ehrenwert, wenn der Pastor sich mit dem allernötigsten begnügt, er muss es aber nicht, denn: "ein Arbeiter ist seines Lohnes wert".

Gast

Beitrag von Gast »

Johannes S. hat geschrieben: Ich halte es auch für falsch vom einem Prediger zu verlangen, in armseligsten Verhältnissen zu leben. In einem solch reichen Land wie dem unseren muss der Prediger nicht unbedingt in einer Bruchbude leben. Hier denke ich kann man als Richtwert die finanziellen Verhältnisse der Gemeindemitglieder nehmen. Es aber nicht richtig, dass die Gemeinde ein Armutsideal an ihren Pastor hinträgt, während sie selbst in ihren Einfamilienhäusern sitzen. Es ist sicher ehrenwert, wenn der Pastor sich mit dem allernötigsten begnügt, er muss es aber nicht, denn: "ein Arbeiter ist seines Lohnes wert".
So sehe ich das auch.

Je nach Region und Familienstand finde ich ein Jahresgehalt von 35.000 - 60.000 Euro fuer einen vollzeitlichen Pastor angebracht. Ein Ingenieur arbeitet auch nicht fuer weniger.

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andy
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Pastor - ein Beruf?

Beitrag von andy »

Hallo alle,
Johannes S. hat geschrieben:[...]"ein Arbeiter ist seines Lohnes wert".
Leistet ein Pastor "Arbeit"?

ich bestreite eigentlich nur eines: Nämlich daß "Pastor sein" eine "Arbeit" sein soll und andere Dienste in der Gemeinde nicht.

Ich meine, daß jeder Christ die Pflicht hat, seine Gaben in der Gemeinde unentgeltlich einzubringen. Dafür hat er sein Leben so zu organisieren, daß ein Gleichgewicht besteht zwischen der "Arbeit" (Tätigkeiten für finanziellen Lohn) und der Zeit im "höheren Dienst" (investiert in Ehe, Familie, Gemeinde, Zeugnis nach außen).

Nun haben wir seit einiger längerer Zeit jene Leute, die meinen, daß dies nur durchschnittlich begabte Menschen betrifft. Wenn nämlich jemand gleichzeitig die Gabe des Lehrens, die Gabe der Seelsorge, die Gabe eines Evangelisten und noch weitere Gaben auf sich allein vereinigt, dann nennt er sich "Pastor" und hält sich für derart wichtig, daß "niedere Tätigkeiten" wie das pünktliche Erscheinen zur Frühschicht einfach unangemessen sind. Er meint aufgrund der Vielfalt seiner Gaben, "zu etwas höherem berufen" zu sein.

In den Gemeinden selbst trifft dies insofern auf Zustimmung, daß dieser Wunderknabe namens Pastor praktisch allen anderen die Arbeit abnimmt. Wo die Urgemeinde für jeden eine Aufgabe vorsah, ist heute alles in Personalunion mit dem Pastor bereits vorhanden... zurücklehnen und genießen!

Ein Leib, viele Glieder - und ein Superglied!

Das sieht man denn auch in so mancher Stellenanzeige, wenn Gemeinden einen neuen Pastor suchen. Derjenige braucht zunächst die ohnehin selbstverständlichen theologischen Grundlagen (inkl. Hebräisch und Altgriechisch auf fortgeschrittenem Niveau und dem im Studium wegen der breit gefächerten Literatur kaum noch vermeidlichen Englisch). Dann sollte er ein exzellenter Prediger sein, ein dynamischer Motivator, ein Organisationstalent, sollte von Powerpoint bis Excel alles drauf haben, mindestens Gitarre spielen können, ein seelsorgerliches Gespür sowie Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen mitbringen. Neben viel Geduld für wiederkehrende administrative Aufgaben und einem repräsentativen Auftreten bei übergemeindlichen Veranstaltungen ist die gewissenhafte Detailtreue in der Ausarbeitung von Hauskreismaterial ebenso sein eigen wie ein ausgeprägter Sinn für Humor und eine offenherzige, gewinnende Ausstrahlung. Nicht zuletzt muß er eine Vision mitbringen, die er klar und überzeugend zu präsentieren weiß.

Der Pastor macht's - ein Teufelskreis

Was bedeutet das? Richtig: In der Tat kann ein solcher Mensch keiner bezahlten Arbeit nachgehen, weil er in der Gemeinde längst die Dienste zahlreicher Brüder mit ausübt. Weswegen er ja auch auf die Versorgung durch die anderen Gemeindeglieder angewiesen ist. Was mich daran ärgert ist nicht, daß der Pastor Geld bekommt. Was mich daran ärgert ist die Tatsache, daß hier ein System entstanden ist, das die Kirche kaputtmacht:
  • 1. Pastor übt all jene Dienste aus, in denen eine direkte geistliche Verantwortung gegenüber den Gemeindegliedern existiert.
    2. Pastor macht das alles sehr gut.
    3. Aus dieser rein menschlichen Beobachtung schlußfolgert man, daß Pastor zu recht all diese Aufgaben hat und daß man ihn bezahlen sollte, weil er ja nicht "nebenbei" noch 40 Stunden die Woche arbeiten kann.
    4. Keiner hinterfragt je, ob das Vorhandensein zahlreicher Gaben wirklich ein Beleg dafür ist, daß die entsprechenden Dienste alle durch diesen einen Menschen ausgeübt werden sollen.
    5. Da der Pastor der einzige ist, der durch regelmäßige Ausübung dieser Dienste "trainiert", haben die anderen weder die Gelegenheit, ihre eigenen ähnlich gelagerten Gaben zu entdecken bzw. sie glauben angesichts der "Professionalität" des Pastors im Vergleich zu ihren eigenen (noch kaum entwickelten) Gaben, daß sie vermutlich gar keine nennenswerte Gabe besäßen.
Paulus - (k)ein Vergleich

Wie sollte es denn nun aussehen? Paulus hatte in der Tat eine ganze Reihe an Gaben. Was tat er? Er unterwies andere darin, sie zu Gottes Ehre einzusetzen. Er behielt seine "Fähigkeiten" nicht für sich oder präsentierte sie stolz auf seinem Lebenslauf; er tat alles in seiner Macht stehende, um aus anderen gute Lehrer, Hirten, Evangelisten usw. zu machen. Paulus (der ja überhaupt nur kurzzeitig Vollzeitler war!) kann nie und nimmer mit einem Pastor gleichgesetzt werden. Das ist eine oft vernommene Rechtfertigung für das unbiblische Prinzip des vollzeitlichen Dienstes; aber der Vergleich hinkt gewaltig:

Paulus war kein Pastor

Erstens hat Paulus nie eine Gemeinde geleitet und war nicht in dem Maße eingebunden wie langjährige Mitglieder. Somit griffen ihm nicht gleich liebe Geschwister im Herrn unter die Arme, und daher kam das bis vor die Ältesten. Er reiste natürlich auch viel und war somit zumeist ortsunkundig, konnte nur eine begrenzte Auswahl seines Arbeitswerkzeugs transportieren und wird dementsprechend weniger Möglichkeiten gehabt haben, durch eigene Arbeit seinen Unterhalt zu bestreiten. Werbung fruchtet nicht gleich nach ein paar Tagen, Geschäftsbeziehungen für den Materialnachschub müssen erst geknüpft werden. Heute kann jeder am Freitag bei einer Zeitarbeitsfirma auftauchen und ab Montag früh als Parkplatzaufsicht auf dem Messegelände arbeiten. Gutes Geld, keine Qualifikation notwendig - ich habe es ausprobiert. Ach ja - Paulus hat auch sogenannte Missionsreisen unternommen. Während dieser Reisen brauchte er womöglich ein wenig Unterstützung von anderen, aber zwischendurch war er zu Hause, hat gearbeitet und auferbauende Briefe geschrieben. Das waren quasi Kurzzeiteinsätze ;o)

Paulus hatte etwas anderes gelernt

Zweitens hat Paulus nicht mit 19 Jahren aufgrund irgendwelcher Berufswünsche ein Bibelschulstudium begonnen. Damals hatte man in der Gemeinde etwas zu sagen, wenn man sich durch seinen Lebenswandel (Arbeit, Ehe, Familie) als glaubwürdiger, gottesfürchtiger Ratgeber qualifizieren konnte. Man mußte gereift sein. Heute ist das anscheinend egal; die Vorbereitung eines Menschen durch Gott ist heute komplett durch ein "praxisorientiertes Studium" abgelöst worden. Pastor kann werden, wer die erforderliche Punktzahl und die vorgeschriebenen Praxissemester als Praktikant in irgendwelchen Gemeinden nachweisen kann. Das entspricht dem Pharisäertum, Menschen nach ihrer "Qualifikation" zu beurteilen.

Der Versuch eines Kompromisses

Fazit: Wenn jemand einen Beruf hat, seiner Verantwortung in der Gemeinde nachkommt und irgendwann nicht mehr in der Lage ist, beides zu tun, dann sollte als erstes eine Teilzeitlösung her. Wer 20 Stunden pro Woche arbeitet, kann immer noch massig für seine Gemeinde tun und liegt ihr nur halb so arg auf der Tasche. Wenn es dann aufgrund der besonderen Situation dieses Einzelfalls wirklich so sein sollte, daß der Dienst nicht neben dem Beruf ausgeübt werden kann, dann sollte man folgende Lösungsansätze verfolgen:
  • 1. Kann ein Teil des Dienstes delegiert werden?
    2. Kann der Betreffende weitere Personen mit Anzeichen entsprechender Begabung in diesem Dienst ausbilden?
    3. Erfordert der Dienst tatsächlich seinen gegenwärtigen Umfang? (Stichwort: Dauernde "Seelsorge" als Ersatzdroge für einsame, gelangweilte Menschen)
    4. Könnte die Gemeinde Hilfe von befreundeten Gemeinden bekommen, indem z.B. einige Dienste gemeinsam durchgeführt werden?
    5. Wenn nur dieses entsprechend begabte Gemeindeglied imstande ist, den Dienst auszuüben, wie kann dann sichergestellt werden, daß der Dienst (a) im Krankheits-/Urlaubsfall weitergeht und (b) eine regelmäßige, prüfende Beurteilung des Dienstes durch andere Älteste gewährleistet ist? (Ein Kämpfer auf einsamem Posten ist ja stets der erste, der starken Angriffen ausgesetzt ist, gegen die er mitunter nicht gewappnet ist.)
Wenn all diese Fragen auch nach ehrlicher Betrachtung aller Alternativen nur den einen Weg offenlassen, dann kann die Gemeinde demjenigen ruhig ein Gehalt zahlen. Allerdings würde es mich sehr wundern, wenn nicht an irgendeiner Stelle menschliche Wünsche den Ausschlag gäben. Und schließlich müßte diese Vorgehensweise dann für alle Gaben gelten, nicht nur für jene, die (angeblich) einen "Pastoren" auszeichnen. Bei einer wirklich aktiven Gemeinde sind dann entweder alle oder gar keiner Vollzeitler ;o)

Von armseligen Verhältnissen und Bruchbuden habe ich in jedem Fall nicht gesprochen. Nur davon, daß es "Arbeit" gibt und Verantwortung in der Familie und der Gemeinde. Diese beiden Facetten des Lebens jedes Christen sollte man getrennt halten, sonst geht es schief.

Wieviel ist ein Hirte (Lehrer, Evangelist, ...) wert?

Die letzte Bemerkung von Tschilli halte ich übrigens für für total daneben - nicht persönlich gemeint, Tschilli!
tschilli hat geschrieben:Je nach Region finde ich ein Jahresgehalt von 35.000 - 60.000 Euro fuer einen vollzeitlichen Pastor angebracht. Ein Ingenieur arbeitet auch nicht fuer weniger.
Jetzt müßte man nämlich "weltliche" Berufe und den Dienst des Christen in der Gemeinde gegeneinander abwägen, also Äpfel und Birnen vergleichen. Selbst innerhalb der Gemeinde hätten wir dieses Problem: Ist jene Gabe "wertvoller" als andere? Ist Pastor so "gut" wie ein Ingenieur? Oder sollte man ihn gehaltstechnisch irgendwo zwischen Volkshochschuldozenten und Versicherungsvertretern einordnen... wäre ja auch nicht ganz abwegig. Oder sollte sein Gehalt "erfolgsbasiert" sein? Was ist "Erfolg" - viele "Bekehrungen"...? Und wieviel sollte dann ein vollzeitlicher Fürbitter bekommen -- so viel wie ein Sozialarbeiter vielleicht? Oder sollten wir einander nicht einfach Rechnungen schreiben und unsere Gaben der freien Marktwirtschaft aussetzen. Ich bete für Dich für halb so viel, dafür lediglich drei Minuten kürzer. Aus meiner Internetseite kannst Du nachlesen, wie meine Gebete bei anderen wirklich funktioniert haben. Na klasse.

60.000 Euro werde ich trotz FH vermutlich mein Leben lang nie verdienen. Die "Versorgung" allein scheint schon lange nicht mehr zu reichen. Es geht um einen "angemessenen Lebensstandard". Was ist "angemessen"? Gemessen an der Welt?! Man verzeihe mir die altertümliche Umrechnung: Das vorgeschlagene Pastorengahalt sind bis zu 120.000 Mark oder 10.000 Mark im Monat. Jetzt wird mir langsam klar, warum in den Gemeinden der Kommerz und das aggressive Fundraising neuerdings als "normal" gelten. Und warum auf fast jedem christlichen Buch bestimmter Verlage großkotzige Zitate stehen... "dieses Buch wird Dein Leben verändern" ... "dieses Buch ist ein Muß für jeden ernsthaften Nachfolger Christi" ... "dieses Buch ist zweifellos das mächstigste Werkzeug Gottes im 21. Jahrhundert" ... ihr wißt, was ich meine: Hauptsache, es kommt Geld rein. Sollen wir's wirklich genauso machen?!

In diesem Sinne, gute Nacht! ;o)

Andy

Gast

Re: Pastor - ein Beruf?

Beitrag von Gast »

andy hat geschrieben: 60.000 Euro werde ich trotz FH vermutlich mein Leben lang nie verdienen. Die "Versorgung" allein scheint schon lange nicht mehr zu reichen. Es geht um einen "angemessenen Lebensstandard". Was ist "angemessen"? Gemessen an der Welt?! Man verzeihe mir die altertümliche Umrechnung: Das vorgeschlagene Pastorengahalt sind bis zu 120.000 Mark oder 10.000 Mark im Monat. Jetzt wird mir langsam klar, warum in den Gemeinden der Kommerz und das aggressive Fundraising neuerdings als "normal" gelten. Und warum auf fast jedem christlichen Buch bestimmter Verlage großkotzige Zitate stehen... "dieses Buch wird Dein Leben verändern" ... "dieses Buch ist ein Muß für jeden ernsthaften Nachfolger Christi" ... "dieses Buch ist zweifellos das mächstigste Werkzeug Gottes im 21. Jahrhundert" ... ihr wißt, was ich meine: Hauptsache, es kommt Geld rein. Sollen wir's wirklich genauso machen?!
Andy,

Dass kein Pastor 60000 Euro verdient ist mir klar. Ich wollte aber bewusst provozieren und darauf aufmerksam machen was angebraecht waere. Und zum Beispiel 60000 EURO reichen bei Familie in einer Grosstadt wie Muenchen oder Frankfurt gar nicht so weit wie du denkst! Um Kommerz geht es da nicht. Das kannst du den amerikanischen Fernsehpredigern mit Privatjet vorwerfen. Aber einem Pastor, der - wie hier geschrieben- "unverschaemte" 3500 Euro verlangt sicher nicht. Ja nach Situation ist das durchaus angebracht.

Gruesse,
Till

Gast

Beitrag von Gast »

Ich finde den Beitrag von Andy sehr gut. Das Problem ist nicht das Gehalt des Pastors. Das Problem ist, dass Pastoren eine Position in der Gemeinde einnehmen, die so nicht vorgesehen ist. Pastorentum ist biblisch nicht abzudecken! Pastoren sind auch keine Älteste!

Durch diese Pastoren wird die Gemeinde zum Gabenempfänger einiger Spitzenkräfte und letztlich entmündigt. Einige wenige beherrschen die Gemeinde und leiten mehr oder weniger alles. Die anderen sind zur Zuarbeit und zu Hilfsdiensten dann reduziert. Diese Reduktion ergibt sich nicht aus dem persönlichen Streben der Pastoren, sondern schon allein aus der verfügbaren Zeit.
Anderseits führt auch dieses System, dass dieser Pastor zum Lastesel der Gemeinde wird. Die Gemeinde kauft sich frei von ihrer Arbeit und dieser Pastor ist dann verpflichtet zu allem, meist ist dann dafür das Gehalt viel zu niedrig.

Martin

Gast

Beitrag von Gast »

mh-ing hat geschrieben:Ich finde den Beitrag von Andy sehr gut. Das Problem ist nicht das Gehalt des Pastors. Das Problem ist, dass Pastoren eine Position in der Gemeinde einnehmen, die so nicht vorgesehen ist. Pastorentum ist biblisch nicht abzudecken! Pastoren sind auch keine Älteste!

Durch diese Pastoren wird die Gemeinde zum Gabenempfänger einiger Spitzenkräfte und letztlich entmündigt. Einige wenige beherrschen die Gemeinde und leiten mehr oder weniger alles. Die anderen sind zur Zuarbeit und zu Hilfsdiensten dann reduziert. Diese Reduktion ergibt sich nicht aus dem persönlichen Streben der Pastoren, sondern schon allein aus der verfügbaren Zeit.
Anderseits führt auch dieses System, dass dieser Pastor zum Lastesel der Gemeinde wird. Die Gemeinde kauft sich frei von ihrer Arbeit und dieser Pastor ist dann verpflichtet zu allem, meist ist dann dafür das Gehalt viel zu niedrig.

Martin
Das ist etwas anderes! Diese Probleme sehe ich auch. Aber zu wettern "die wollen nur Geld und es geht nur um Kommerz" finde ich daneben.

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Tschilli,
ob es nur um den Kommerz geht, kann man immer mit ja und nein beantworten, weill es immer jeweilige Fälle gibt. Wenn Pastoren ihre Aufgabe vernünftig erfüllen, sind sie im Grunde jedes Geld wert. Ich möchte aber einen Schritt zurück gehen und stelle prinzipiell (so wie Andy) in Frage, ob es überhaupt richtig ist, Pastoren zu haben. Dieser Zuschnitt der Gemeinde auf eine Person zerstört das Gemeindeprinzip, welche die Bibel lehrt. Statt, dass jeder gleichbereichtigt beitragen kann, ist alles auf wenige Akteure beschränkt und das Anforderungsniveau der Beteiligung so hoch gelegt, dass viele vorher gar aussteigen.
Zudem wird das Amt in der Gemeinde mit der Lebensgrundlage verbunden. Der Pastor, der etwas gegen die Gemeinde predigt, riskiert seine Existenz. Auch dieser Aspekt der Abhängigkeit passt mir nicht. Folglich wird der Pastor gezwungen, letztlich entweder in unsicherer Existenz zu leben und eckt schnell an oder er muss gegensteuern und sich Machtposition schaffen, damit er in Freiheit ohne Existenzangst aggieren kann.

Ich komme daher, sooft ich über diese Pastorenämter nachdenke, immer zum Schluss, dass es sich hier um eine völlig unbiblische und falsche Struktur handelt, egal, ob dieser Pastor seinen Job gut oder schlecht macht.

Martin

Gast

Beitrag von Gast »

mh-ing hat geschrieben:Hallo Tschilli,
ob es nur um den Kommerz geht, kann man immer mit ja und nein beantworten, weill es immer jeweilige Fälle gibt. Wenn Pastoren ihre Aufgabe vernünftig erfüllen, sind sie im Grunde jedes Geld wert. Ich möchte aber einen Schritt zurück gehen und stelle prinzipiell (so wie Andy) in Frage, ob es überhaupt richtig ist, Pastoren zu haben. Dieser Zuschnitt der Gemeinde auf eine Person zerstört das Gemeindeprinzip, welche die Bibel lehrt. Statt, dass jeder gleichbereichtigt beitragen kann, ist alles auf wenige Akteure beschränkt und das Anforderungsniveau der Beteiligung so hoch gelegt, dass viele vorher gar aussteigen.
Zudem wird das Amt in der Gemeinde mit der Lebensgrundlage verbunden. Der Pastor, der etwas gegen die Gemeinde predigt, riskiert seine Existenz. Auch dieser Aspekt der Abhängigkeit passt mir nicht. Folglich wird der Pastor gezwungen, letztlich entweder in unsicherer Existenz zu leben und eckt schnell an oder er muss gegensteuern und sich Machtposition schaffen, damit er in Freiheit ohne Existenzangst aggieren kann.

Ich komme daher, sooft ich über diese Pastorenämter nachdenke, immer zum Schluss, dass es sich hier um eine völlig unbiblische und falsche Struktur handelt, egal, ob dieser Pastor seinen Job gut oder schlecht macht.

Martin
Diese Probleme existieren. Sehe ich auch so.

Das andere Problem ist aber, dass wir von einem Pastor, der die Schrift auslegt, auch ein gewisses Niveau erwarten. Und das bedeutet eben eine gewisse Ausbildung. IMHO am Besten auf Studiumsniveau. Die Konsequenz ist eben normalerweise Vollzeitdienst.

Gast

Beitrag von Gast »

Hallo Tschilli,
Ausbildung finde ich auch gut und angebracht. Jedoch verstehe ich da nicht diese meist akademisch orientierten Ausbildungen. Diese haben meist mehr zerstört als tatsächliches Verständnis im Wort verbessert.

Ausbildung, die ich für richtig halte, ist Jüngerschaft, d.h. wie es auch in der Bibel vielfach beschrieben ist, dass geistliche Autoritäten vertrauenswürdige Jüngere ausbilden und das ihnen vermittelte Wissen so auch weitergeben.
Auch finde ich Ausbildung losgelöst von der örtlichen Gemeinde für sehr gefährlich, weil die Einbindung und Kontrolle fehlt. Es geht bei biblischer Ausbildung nicht um Kopfwissen, sondern um Verständnis und Deckungsgleichheit von Leben und Wissen.

Sicher gibt es etliche Bibelschulen, die versuchen, in dieser Art zu arbeiten. Jedoch das akademisch ausgerichtete System als Art Studium ist m.E. hier nicht gut.

Ich habe in meiner Nähe eine ev. Hochschule und 3 in meiner Familie haben dort studiert. Gründlicher als diese Hochschule kann keiner den Glauben zertrümmern.

Martin

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