28. Frage:
Was nützt uns die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes?
Gott will damit, dass wir in aller Widerwärtigkeit geduldig, in Glückseligkeit dankbar und auf die Zukunft hin voller Vertrauen zu unserem treuen Gott und Vater sind, dass uns nichts von seiner Liebe scheiden wird, weil alle Geschöpfe so in seiner Hand sind, dass sie sich ohne seinen Willen weder regen noch bewegen können.
Lasst uns ja nicht murren gegen die Führungen Gottes, die er mit uns vornimmt. Denn er leitet uns auf lauter von seinen Heiligen, ja von Jesus selbst gebahnten Wegen, auf welchen wir wie jene zwei säugende Kühe unverrückt gerade vor uns hin nach Bethsemes, dem Sonnenhaus, müssen fortgehen und durch keine Widerwärtigkeit uns auf der Reise nach Kanaan stören lassen. Es ist wahr, auf dieser Wallfahrt sind viele rauhe Tritte zu tun durch die heulende Wüste, in welcher uns hier ein Amalek, dort ein falscher Edoms-Bruder auf den Dienst lauert und den Eintritt in das gelobte Land sauer zu machen sucht. Allein man kommt nicht besser durch, als mit Geduld.
Joh. Heinr. Schramm, Prof. zu Herborn, † 1753.
Casparus Sibelius aus Elberfeld, Pastor zu Deventer, wo er den 1. Januar 1658 starb, hat vier
starke Quartbände vortrefflicher katechetischer Betrachtungen (Meditationum Catecheticarum) über den Heidelberger veröffentlicht, worin er u. a. zu unserer Frage schreibt: Mit diesem Troste sollen wir uns in Widerwärtigkeiten waffnen zur Geduld, damit wir nicht mit dem Hunde den Stein beißen, sondern auf Gott allein blicken und mit David sprechen: Ich schweige und tue meinen Mund nicht auf, weil du es getan hast. Ps. 39,10. Aus dieser Quelle sollen auch wir Geduld schöpfen. Erfahren wir, dass solche, um welche wir uns höchst verdient gemacht, undankbar gegen uns sind, so sollen wir nicht heftig gegen dieselben losziehen, keinen Hass gegen sie tragen und nicht Böses mit Bösem vergelten, sondern uns am Wasser dieser Quelle wieder erquicken: Du Herr hast es getan. Beispiel: Joseph gegen seine Brüder 1. Mos. 45,5.7.8. Wenn durch den Tod Gattin, Kinder, Freundeuns geraubt werden, lasst uns das Glück nicht anklagen noch Menschen zürnen, durch welche jene vernachlässigt oder verletzt worden sind, sondern bescheiden und ergeben mit Hiob seufzen Kap. 1,21: Der Herr hat’s gegeben usw. Durch diesen Trost erhielt und stärkte Gott den Ezechiel, dass er nicht trauerte noch ein Zeichen davon vor dem Volke über den Verlust seines so teuren Weibes zeigte Kap. 24,16-18. Haben wir einen Verlust an Gütern durch Wasser, Feuer, Krieg oder sonst wie zu erleiden, so soll uns der Gedanke an die göttliche Vorsehung trösten. Wir sollen mit Hanna, Samuels Mutter, sprechen: Der Herr machet arm und reich. 1. Sam. 2,7. Wie aber die Erkenntnis der Schöpfung und Vorsehung Gottes uns in Widerwärtigkeit zur Geduld treiben soll, so soll sie uns auch in Glückseligkeit zum Dank gegen Gott leiten. Hier auf dieser Erde wechseln nämlich beständig Unglück und Glück. Glück nennen wir, was uns nach Wunsch und Herzen ist. Dankbar sind wir gegen Gott, wenn wir uns der von Gott empfangenen Wohltaten in Gottesfurcht erinnern, fleißig über sie nachdenken, sie recht schätzen und von Herzen, mit Wort und Tat Gott für dieselbe loben und preisen; z. B. von Herzen, wie David Ps. 111,1; mit Wort, Ps. 51,17; und Tat, Joh. 15,8; Matth. 5,16.
In Summa, schreibt Lucas Stöckle, die Geduld ist das rechte und einzige Kennzeichen der Christen.
Gottfried Cornelius Udemans, um 1612 Prediger zu Zierikzen, zählt unter die Punkte des Glaubens an den ersten Artikel des apost. Glaubensbekenntnisses auch den, ob wir auch dankbar seien in allen Dingen, besonders in glücklichen. Wo wir glauben, dass Gott alle Dinge geschaffen und dass er uns alles schenkt, was wir haben, von einem Bissen Brot an, so folgt daraus, dass Gott Meister darüber ist Ps. 24,1; 50,10. Darum müssen wir die Gaben Gottes gebrauchen mit Danksagung zu seiner Ehre 1. Tim. 4,4; 1. Kor 10,31. Aber alle diejenigen, welche die Gaben Gottes missbrauchen zu ihrer Hoffahrt, Gierigkeit und Wollust, oder diejenigen, welche ihre eigene Hand küssen, d. i. die ihr Glück ihrer eigenen Weisheit zuschreiben, glauben diesen Artikel nicht recht.
Wer diese Lehre recht versteht und zu Herzen nimmt, schreibt J. H. Heidegger, ist sehr glückselig, denn sie bringt überaus großen Nutzen. Aber dieselbe nicht kennen und nicht achten, ist ein Brunn alles Elends. Wer darauf achtet, der ist versichert, dass ihm nichts begegnen kann, das ihm Gott nicht zur Seligkeit leiten wird. Wirf dein Anliegen auf den Herrn, der wird dich versorgen Ps. 55,23; 91,1.2.4; 1. Petr. 5,7. Wenn kein Haar von unserm Haupt kann fallen ohne seinen Willen, Matth. 10,29, was darf dann wohl hoffen die Kirche und jegliches Glied derselben, der Leib des Hauptes Christi in Freud und Leid! Und weil Gott aller Menschen Herzen, auch der ärgsten Feinde wunderbarer Weise regiert und leitet, so haben wir sie nicht zu fürchten, denn ihre Ratschläge wider der Kirche Wohlfahrt werden allezeit zuschanden. Das soll sein die Stütze unserer Geduld, dass das Gute und Böse, ja die Guten und Bösen selbst sind in der Hand des Herrn. Ich gestalte das Licht und schaffe die Finsternis, ich mache den Frieden und schaffe das Übel Jes. 45,7. Wenn dann unsere Seligkeit von dem Teufel und Gottlosen wird angefochten, da soll uns in den Sinn kommen, dass diese Feinde an allen Seiten mit der Hand Gottes als mit einem Zaun umgeben sind, der sie hindere, dass sie nichts böses wider die Frommen weder denken noch tun, ja auch keinen Finger regen können ohne seine Verhängnis und Zulassung. Es soll auch der Mensch sich selbst nichts zuschreiben, darin er Lob suche, sondern allein ruhig auf Gott sehen, den Urheber alles Guten. Endlich soll er im Glück sich nicht überheben und im Unglück nicht verzagen, sondern allenthalben gleiche Stärke und unüberwindliche Standhaftigkeit zeigen.
Keine Kreatur kann uns von seiner Liebe scheiden. Dies Kapitel ist ein Stück von der Beharrung der Gläubigen (perseverantia sanctorum), über welche ein Altmeister in der Lehre von der Prädestination, der gelehrte Hieronymus Zanchius schreibt: Die Erwählten werden unfehlbar bewahret und können deshalb nicht verloren gehen.
Der ausgezeichnete englische Gottesgelehrte Christoph Ness, † 1705, sagt: Durch Christi Liebe sind alle Glieder Christi mit Christus ihrem Haupte vereinigt. Weder die Fürstentümer noch die Gewalten können sie scheiden von der Liebe Gottes in Christo Röm. 8,38. Und die Pforten der Höllen können seine Kirche nicht überwältigen Matth. 16,18. Wenn ein Glied kann getrennt werden von Christo, dann können es auch alle werden. Der eine hat nicht mehr Vorrecht als die andern in Betreff ihres Standes und ihrer Sicherheit. Ebenso kann Christus nicht gedacht werden als ein Haupt ohne Leib oder Glieder, und sein Tod als vergeblich: zwei Dinge, welche im Allgemeinen ganz ungereimt sind. Christus hat gebetet für die Beharrung der Seinen, und dass der Glaube des Petrus nicht aufhöre Luk. 22,32, und dass seine Jünger bewahret würden vor dem Übel Joh. 17,14; auch für alle Gläubige V. 20. Und was er bittet, das wird ihm stets gewährt Joh. 11,41.42. Christus verspricht auch die Beharrung den Seinigen Joh. 6,37: Alle, welche mir der Vater gibt, werden zu mir kommen. Er wird seine Barmherzigkeit nicht von ihnen nehmen in den schwersten Strafen. Ps. 89,31-33. Wie er die Seinen geliebt usw. Joh. 13,1. Ich habe derer keins verloren Joh. 6,39. Er ist ein Heiland für alle Teile des Leibes Eph. 5,23. Die Heiligen sind in Christi Händen 5. Mos. 33,3, und es ist ebenso leicht, einen Stern von dem Himmel zu reißen, als einen Heiligen aus den Händen Christi Joh. 10,28. Sie sind und werden alle durch die Macht Gottes, durch den Glauben zum ewigen Leben erhalten.
Daniel Spanheim erzählt auf seinem Sterbelager: Ich war zu Leuwarden einst krank, da besuchte mich der Pastor Vicius. Als derselbe wieder nach Hause gehen wollte, bat ich ihn, er möchte doch ein Gebet sprechen. Solches tat er denn auch und sprach u. a. diese Worte: Herr, so du willst, gib ihm Schlaf, wo nicht, so gib ihm nicht einen Augenblick Schlaf; so du willst, mach’ ihn zu einem Gefäß deiner Ehre, so du nicht willst, so bleibe er immer in Unehren.
An Samuel Elsner in Berlin schrieb einmal ein junger Prediger und klagte, dass er in seiner Gemeine so gar keine Frucht seiner Arbeit sehe. „Mein lieber Jeremias“, erwiderte Elsner, der schofelste Soldat in Napoleons Armee wurde von dem Bewusstsein getragen: vive l’empereur, es lebe der Kaiser! Das hielt ihn und gab ihm Mut in den heißesten Schlachten Sie haben einen noch ganz Andern zum Feldherrn; also nur Mut gehabt und nicht verzagt die Frucht wird nicht ausbleiben.“ Als ihn einmal eine Frau besuchte und lauter Klagen, Not und Sorgen vor ihm auskramte sagte er plötzlich: Ja wohl, der liebe Gott ist nachgerade alt geworden und hat jetzt ein schwaches Gedächtnis, da hat er Sie vergessen. Auch hat er natürlich zu viel zu tun, um sich mit Ihren kleinen Sachen abzugeben. Darum werden Sie ihm wohl helfen müssen, da er das Regieren nicht mehr versteht. Die Frau erschrak über sich selbst und stimmte einen anderen Ton an.
Ein vornehmer Herr wollte aus Irland nach England fahren und in ein Postschiff steigen. Die Strickleiter zerriss aber, er fiel ins Boot und brach ein Bein. „Es ist gut, sagte er, es dient alles zu meinem Besten.“ Seine Freunde konnten das nicht verstehen und fragten, wie der Beinbruch und die Vereitelung der Reise ihm zum Besten gereichen könnte? „Die Vorsehung“, erwiderte er, „weiß es am besten; ich bleibe dabei, es dient zu meinem Guten.“ Er wurde zurückgebracht, das Schiff segelte ab, erlitt einen Sturm, ging unter und nur ein einziger Mensch wurde erhalten.
Der große Gottesgelehrte Gisbert Voet zu Utrecht pflegte zu seinen Freunden, welche über die Bedrückungen der Franzosen im Jahre 1672, die auch die dortige Domkirche den Reformierten abgenommen und den Römischen eingeräumt hatten, betrübt waren, zu sagen: Es ist das nur ein Wölkchen, das vorübergehen wird.
„Sehen Sie diese Haarlocke!“ sagte ein alter Mann zu mir. „Ja, aber was soll das? Sie ist wahrscheinlich die Locke von dem Haar eines geliebten Kindes, welches vor langer Zeit gestorben ist.“
„Das ist sie nicht. Sie ist eine Locke meines eigenen Haares, und es ist nun beinahe siebenzig Jahre, seitdem sie mir abgeschnitten ist.“
„Aber warum schätzen Sie diese Locke von Ihrem Haar so sehr?“
„Es knüpft sich eine Geschichte daran und zwar eine wunderbare. Ich hebe sie sorgfältig auf, weil sie zu mir von Gott und seiner besonderen Vorsorge mehr als irgend sonst etwas, das ich in meinem Besitze habe, redet.
Ich war ein kleines Kind von vier Jahren mit langem, lockigen Haar, welches in Sonnenschein und Regen mir auf die Schultern herabhing. Eines Tages ging mein Vater in den Wald, um einen Block abzuhauen, und ich ging mit ihm. Ich stand ein wenig hinter ihm oder vielmehr an seiner Seite, indem ich mit Interesse die Streiche der schweren Axt beobachtete welche auf und ab gingen und bei jedem Streiche Splitter nach allen Richtungen schickte. Einige der Splitter fielen vor meine Füße, und ich bückte mich schnell, um sie aufzuheben. Indem ich dies tat, strauchelte ich, und in einem Augenblick lag mein Kopf auf dem Block. Ich war gerade gefallen, als die Axt mit aller Gewalt herabkam. Es war zu spät, sie zurückzuhalten. Ich schrie und mein Vater fiel vor Schreck zu Boden. Er hatte den Streich nicht inne halten können, und in der Blindheit welche der plötzliche Schrecken verursachte, glaubte er, er habe sein Kind getötet. Wir erholten uns beide von unserem Schrecken. Er schloss mich in seine Arme und besah mich von Kopf bis zu Fuß, um zu entdecken, wo er mich verletzt habe. Nicht ein Tropfen Blut war zu sehen. Er kniete nieder und dankte dem barmherzigen Gott. Darauf nahm er seine Axt, an deren Scheide er einige Haare fand. Er wandte sich zu dem Block, welchen er gespaltet hatte, und auf demselben lag, gerade abgeschnitten, eine Locke seines Kindes. Wie groß war die Bewahrung! Es war, als wenn ein Engel die Schneide in dem Augenblick, als sie auf mein Haupt herabkam, auf die Seite gewendet habe. Mit neuem Dank auf den Lippen nahm er die Locke auf und ging mit mir in den Armen heim.
Die Locke behielt er sein Lebenslang als ein Zeichen von Gottes Fürsorge und Liebe. Auf seinem Sterbebett hinterließ er sie mir. Ich bewahre sie mit Sorgfalt. Sie erzählt mir von meines Vaters Gott und von meinem Gott.
Sie tadelt Unglaube und Furcht und heißt mich, ihm immer zu vertrauen. Ich habe viele Zeichen seiner väterlichen Liebe in meinen siebenzig Jahren erfahren, aber dieses spricht am meisten zu meinem Herzen. Es pflegte zu meines Vaters Herzen zu sprechen, und nun spricht es zu dem meinigen.“
Ein Mann, der in großem Reichtum, in Wohlleben und Müßiggang gelebt hatte, verlor all sein Gut, und wurde darob ganz missmutig Um sich zu zerstreuen und zu erholen, verließ er die Stadt und ging so auf das Land. Er kam zuerst in ein Dorf; da sah er einen Bauer, der in seiner Scheune mit einer Schaufel das Getreide umwendete.
Den fragte er, warum er das tue. Der Bauer antwortete: Damit das Getreide nicht Schaden leide und in Fäulnis übergehe. Darauf kam er auf das Feld und sah einen Bauer, der pflügte. Den fragte er auch, warum er das tue. Der Bauer antwortete: damit das Erdreich locker werde und Regen und Sonnenschein aufnehmen könne. Er ging weiter und kam in einen Weingarten; da sah er einen Bauer, der die Reben beschnitt. Er fragte ihn gleichfalls, warum er das tue. Der Bauer antwortete: er beschneide die Reben, damit sie viele und gute Früchte tragen. Da ging der Missmutige in sich und sagte: Warum ängstigt sich meine Seele so hart? Ich bin der Weizen, der geworfelt werden muss, damit er nicht faule. Ich bin das Erdreich, das aufgerissen wird, damit es Segen empfangen könne vom Himmel. Ich bin die Rebe, die beschnitten werden muss, damit sie gute Früchte trage für die Ewigkeit. Demütig trug er fortan sein Ungemach als eine Züchtigung des Himmels.
Das Pferd wird gerüstet für den Tag des Kampfes, aber der Sieg kommt von dem HERRN. Spr. 21,31