Das Wort und die Wahrheit Gottes, das wichtigste aller Gnadenmittel, ist nicht ein Mittel zur Wiedergeburt im Sinne eines separaten Eingriffs, abgekoppelt von Schulderkenntnis, Bekehrung und Heiligung. Das ist offensichtlich, wenn wir bedenken, dass es die Aufgabe eines Mittels oder Werkzeugs ist, ein bereits bestehendes Lebensprinzip anzuspornen und hervorzulocken. Physische Nahrung ist ein Mittel zum physischen Wachstum, aber sie setzt physische Lebendigkeit voraus. Wenn der Leib tot ist, kann Brot kein Mittel oder Werkzeug sein. Intellektuelles Wissen ist ein Mittel zu intellektuellem Wachstum, aber es setzt intellektuelle Lebendigkeit voraus. Wenn der Verstand dumm ist, kann säkulares Wissen kein Mittel oder Werkzeug sein. Geistliche Wahrheit ist ein Mittel zu geistlichem Wachstum, aber sie setzt geistliche Lebendigkeit voraus. Wenn der Geist tot in Übertretungen und Sünden ist, kann geistliche Wahrheit kein Mittel oder Werkzeug sein.
.Das unerleuchtete Verständnis ist unfähig zu begreifen, und der unerneuerte Wille ist unfähig zu glauben. Diesen beiden wesentlichen Funktionen fehlt die Lebenskraft. Was an diesem Punkt fehlt, ist das Leben und die Kraft selbst. Folglich muss der Urheber geistlichen Lebens selbst in direkter Weise tätig werden – ohne den Einsatz von Mitteln oder Werkzeugen und zunächst einmal, ex nihilo, geistliches Leben und Kraft schenken, sich aus den Toten zu erheben. Das neue Leben wird nicht deshalb gegeben, weil der Mensch die Wahrheit sieht, sondern er sieht die Wahrheit, weil ihm neues Leben gegeben wurde. Ein Mensch ist nicht wiedergeboren, weil er zuerst an Christus geglaubt hat, sondern er glaubt an Christus, weil er wiedergeboren ist“ (W. T. Shedd, Presbyterian, 1889)
Unter dem Vorwand, das geschriebene Wort Gottes zu ehren, haben viele (zweifellos unwissentlich) den Heiligen Geist verunehrt. In „orthodoxen“ Kreisen scheint sich heute die Vorstellung durchgesetzt zu haben, dass es für die Bekehrung von Seelen lediglich erforderlich sei, das Wort in seiner Reinheit zu verkündigen, weil Gott sich verpflichtet habe, dasselbe zu segnen. Wie oft habe ich den Satz gehört: „Dem Wort Gottes wird es gelingen.“ Viele sind der Ansicht, die Heilige Schrift als solche sei völlig ausreichend, denen, die in Finsternis sind, Licht, und denen, die tot in Sünden sind, Leben zu vermitteln. Aber der Bericht, den wir vom Leben Christi haben, sollte diese Sichtweise umgehend korrigieren: Wer predigte das Wort so treu wie Er, und doch, wie wenige wurden in den dreieinhalb Jahren Seines irdischen Dienstes gerettet!
Das Gleichnis vom Sämann deckt die Fehlerhaftigkeit der Theorie auf, die heute so verbreitet ist. Die ausgestreute Saat ist das Wort. Es wurde auf unterschiedliche Böden verteilt, doch ungeachtet der Reinheit und Lebendigkeit des Samens, geschah dort, wo der Boden ungeeignet war, kein Wachstum. Bis der Boden gut gemacht wurde, konnte der Same nicht wachsen. Dieser Same kann durch reichliche Schauer gewässert und von der Sonne kraftvoll gewärmt werden, doch solange die Erde schlecht ist, kann es keine Ernte geben. Der Boden muss verändert werden, bevor er fruchtbar sein kann. Es ist auch nicht der Same, der den Boden verändert: Welcher Bauer würde je darauf kommen zu sagen: Der Same wird die Erde verändern! An diesem Punkt dürfen wir nichts durcheinanderbringen: Der Heilige Geist muss zuerst die tote Seele zu neuem Leben erwecken, bevor das Wort Einlass findet.