Hallo Rafael,
ich werde versuchen auf das was C.K. geschrieben hat zu antworten und ich denke, daß dadurch das was Du geschrieben hast mitbeantwortet werden wird. Du hast noch mal wegen des limited atonement nachgehackt und C.K. hat das gleiche Thema noch mal etwas ausgeführt.
Aber eines vorweg, es wäre mal interessant, wie derjenige, der das limited atonement in die Welt gesetzt hat darauf gekommen ist. Möglicherweise war es nur die logische Folge der Zornwahllehre? Sie setzt ein limited atonement zwingend voraus. Und die Zornwahllehre hat Calvin selbst zuerst formuliert.
Das eigenständige Weiterdenken sollte, denke ich, da aufhören, wo die Bibel klar etwas anderes lehrt. Mein eigenes Weiterdenken, darf nicht dazu führen, daß ich am Ende zwar ein logisches System habe, das vielleicht sogar in vielen Punkten von der Schrift gestützt wird, aber in einigen Punkten im Widerspruch zu klaren und verständlichen Aussagen der Schrift steht. Und ich glaube das ist hier das Problem. Die Bibel setzt meinem eigenen Denken und Folgern Grenzen. Und als jemand der die Schrift als unfehlbare oberste Autorität anerkennt, habe ich diese Grenzen zu respektieren.
Ansonsten gebe ich Dir recht, wir sollen schon unseren Verstand gebrauchen und es gibt Dinge über die die Schrift nichts sagt und hinsichtlich dieser Dinge ist es gut und richtig den Verstand zu gebrauchen und mit Hilfe ähnlicher Aussagen oder Aussagen die die Bibel über ähnliche Dinge macht, zu einer Lösung zu kommen.
Lieber C.K.
Du schriebst:
Jeder Christ - wenn er nicht Allversöhner/Universalist ist - "begrenzt" das Opfer Jesu Christi, weil die Schrift das Opfer tatsächlich begrenzt.
Das orthodoxe Luthertum begrenzt das Opfer Jesu nicht, deshalb ist das orthodoxe Luthertum aber weder universalistisch, noch lehrt es die Allversöhnung.
Du bist es aber, der es in seiner Wirksamkeit begrenzt - denn nicht jeder wird tatsächlich errettet.
Die Wirksamkeit des Opfers Jesu und die Errettung stehen nicht in diesem unmittelbaren Zusammenhang dem Du beiden einräumen möchtest.
Mit dem Opfer hat Christus die ganze Welt von der Herrschaft Satans losgekauft und für sich erworben. Der Feuersee in Offb. ist nicht der Herrschaftsbereich Satans. Von der Macht des Satans werden am Ende alle los, durch das Opfer Christi. Aber nicht alle werden errettet.
Wer in diesem Leben an Christus glaubt, der ist losgekauft von der Macht des Satans und gehört zu Christus, schon in diesem Leben, aber erst recht wenn er stirbt.
Wer in diesem Leben nicht an Christus glaubt, der bleibt im Machtbereich des Satans und muß, wenn er stirbt, in die Hölle, den Ort wo der Teufel herrscht.
Diejenigen, die geglaubt haben, sind also unmittelbar und für immer aus dem Herrschaftsbereich des Satans herausgeholt und in das Reich des lieben Sohnes versetzt worden.
Diejenigen, die nicht geglaubt haben, bleiben im Reich der Finsternis und müssen, wenn sie sterben in die Hölle wo auch der Satan und die Teufel sind. Sie bleiben zunächst unter der Herrschaft Satans.
Am Ende, muß aber die Hölle und der Tod alle Toten freigeben (vgl. Offb. 20, 11ff.). Warum? Weil Jesus alle Toten freigekauft hat, deshalb. Weil sie ihn aber nicht angenommen haben in diesem Leben als Heiland, werden sie ihren Taten entsprechen von Gott (nicht vom Satan) gerichtet werden (vgl. Hebr. 9, 27).
Die Vollziehung dieses Gerichts findet im Feuersee statt, wo auch der Teufel und seine Dämonen ihre Strafe erleben. Dieser Feuersee ist ursprünglich nicht für die Menschen bestimmt gewesen, sondern allein für den Teufel und seine Dämonen (Matth. 25, 41).
Die Menschen erleiden also nicht deshalb die ewige Strafe, weil sie nicht erlöst worden wären, sondern weil sie ihre Erlösung nicht angenommen haben, fallen sie unter das Gericht.
Das ist die Lehre des orthodoxen Luthertums und mir erscheint diese Lehre richtig. Es gibt mehrere Schriftstellen die explizit daraufhin weisen, daß Christus auch die erkauft hat die am Ende gerichtet werden. Z.B. 2. Petr. 2, 1; 1. Joh. 2, 2, nicht ganz so explizit auch 2. Thess. 2, 10 (hier wird deutlich gesagt, daß die Möglichkeit der Errettung vorhanden gewesen wäre, was bei einer Begrenzung der Wirksamkeit des Opfers Christi nur auf diejenigen, die wirklich errettet werden, nicht möglich wäre), 1. Tim. 2, 4ff und Joh. 1, 29.
Der Calvinismus stellt sich hier über die Schrift. Er ist nicht bereit, sich dem was die Schrift sagt unterzuordnen sondern verlangt, daß die Schrift sich ihm, dem calvinistischen Vernunftgebäude unterordnet. Und dementsprechend nimmt er sich das Recht heraus diese Schriftstellen entsprechend zu verbiegen und umzudeuten. Ein Musterbeispiel für solche Art von Umdeutung bis hin zum Gegenteil dessen was die Schriftstelle einem unvoreingenommenen nüchternen einfältigen Leser sagt gibt John Owen in seinem Buch „The Death of Death in The Death of Christ“ in der deutschen Ausgabe mit dem Titel „Leben durch seinen Tod“ auf den Seiten 55 ff.
Da wird aus dem Wort „kosmos“ (in 1. Joh. 2, 2 und Joh. 1, 29) was soviel wie Weltsystem heißt, plötzlich „Auserwählte“. Ich habe kein Beispiel gefunden, durch das man besser zeigen kann, zu welchen Verkehrungen des Wortes Gottes der Mensch fähig ist, wenn es ihm darum geht die Schrift an eine „Wahrheit“ anzugleichen, die er glaubt gefunden zu haben. Dabei ergibt sich aus dem Zusammenhang eindeutig, daß „Welt“ gemeint ist. In 1. Joh. 2, 2 ist dem Wort „Welt“ sogar noch das Wörtchen „ganz“ vorgeschaltet.
Es gibt einige Stellen, wo das Wort „Welt“ in einer etwas anderen Bedeutung gebraucht wird. Z.B. „Alle Welt“ in Joh. 12, 19. Das kennen wir auch, wenn wir sagen „Alle Welt“ läuft ihm nach, dann meinen wir alles Volk läuft ihm nach.
Aber in den meisten Fällen ist mit Welt das unter der Macht Satans stehende, Gott feindliche Weltsystem gemeint, das Gott verleugnet und ihn hasst (vgl. z.B. die Bedeutung des Wortes „Welt“ in Joh. 17; es steht hier in deutlichem Gegensatz zu denen die der Vater dem Sohn gegeben hat also denen die dem Sohn gehören.).
Und doch sagt Joh. 3 von diese Welt, die Jesus hasst und gekreuzigt hat, und diejenigen die ihm gehören hasst und verfolgt:
16. Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle die an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
17. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.
18. Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt ha an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.
In all den Stellen hat das Wort „Welt“ ein und dieselbe Bedeutung. Es bedeutet das gottfeindliche Weltsystem, das unter der Herrschaft Satans steht. Und nicht anders ist es auch in Joh. 1, 29 und 1. Joh. 2, 2.
Jesus hat nicht nur die Sünden der Auserwählten getragen, er hat alle Sünden der ganzen Welt hinweg genommen und dadurch tatsächlich alle Menschen freigekauft. Deshalb müssen Hölle und Tod am Ende auch alle Toten herausgeben und Christus wird sie richten. Er richtet sie, weil er sie erkauft hat und sie sein Opfer nicht angenommen haben, sich ihm verweigert haben, nicht sein Eigentum sein wollten, obwohl er den Preis bezahlt hat und deshalb ein Anrecht auf sie hatte.
Jesus ist also vergeblich gestorben für diejenigen, die es ablehnen; es hat für sie keinen Nutzen.
Die Bibel denkt so nicht. Das sind calvinistische Schlussfolgerungen, die aus einen Vernunftdenken stammen, das der Schrift nicht entspricht. Es ist falsch die Schrift an mein Denken anpassen zu wollen, wir sollten unser Denken an das anpassen was die Schrift sagt, nicht umgekehrt. Diejenigen die das Opfer ablehnen, für die hat es nicht nur keinen Nutzen, sondern viel schlimmer, die werden das ewige Gericht erleben, und zwar deshalb, weil sie die Versöhnung, die Gott in Christus gewirkt hat (s. Kol. 1, 20ff.) nicht angenommen haben. Das ist die Gerechtigkeit Gottes (Schrecklich ist’s in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen; Hebr. 10, 31):
Die Schrift begrenzt es auf den Personenkreis: Jesus ist für diejenigen gestorben, die er errettet. Das Opfer ist also voll wirksam, denn es errettet tatsächlich.
Zeig mir wo das geschrieben steht. Es steht nirgends geschrieben, es ist menschliches Vernunftdenken, das sich anmaßt es besser zu wissen als das Wort uns sagt. Christus ist für alle gestorben. Daß das Opfer tatsächlich nur den errettet der es annimmt, ist richtig. Es errettet ihn vor dem Gericht Gottes. Während die anderen gerichtet werden.
Wie geschrieben steht: Mt 1,21 Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden.
Diese Bibelstelle bedeutet zuerst nicht das was Du sagst. Es ist eine Prophetie die sich auf ein ganz konkretes, noch zukünftiges Ereignis bezieht von dem auch der Apostel Paulus in Röm. 11, 27 spricht. Danach hat es auch die Bedeutung von der Du sprichst. Wir dürfen die Stelle auch auf uns beziehen und uns zum Volk Jesu rechnen und diese Aussage für uns in Anspruch nehmen. Das ist eine Wahrheit durch die eine andere Wahrheit aber nicht ausgeschlossen wird (s.u.).
2Mo 12,22 Und nehmt ein Büschel Ysop und taucht es in das Blut in dem Becken und bestreicht damit die Oberschwelle und die beiden Pfosten. Und kein Mensch gehe zu seiner Haustür heraus bis zum Morgen.
2Mo 12,23 Denn der HERR wird umhergehen und die Ägypter schlagen. Wenn er aber das Blut sehen wird an der Oberschwelle und an den beiden Pfosten, wird er an der Tür vorübergehen und den Verderber nicht in eure Häuser kommen lassen, um euch zu schlagen.
Auch hier sieht man, dass alle diejenigen, die das Blut anbrachten, verschont wurden - eine klare Begrenzung auf den Personenkreis.
Ja genau so ist es, und hätten die Ägypter das Blut ebenfalls an ihre Türpfosten gestrichen, dann wäre auch an ihren Häusern der Würgeengel vorübergegangen, denn das Blut hat die Macht alle zu retten (s. z.B. die Hure Rahab, die nicht zum Volk Israel gehörte und gleichwohl gerettet wurde, weil sie glaubte).
Jesus ist gekommen, SEIN Volk zu erretten durch Sein Opfer am Kreuz!
Ja, richtig, aber das ist eben nur die eine Wahrheit, und diese eine Wahrheit schließt die andere Wahrheit eben nicht aus. Der „Calvinist“ Spurgeon hat dazu geschrieben:
„Das System der Wahrheit, das in der Heiligen Schrift offenbart ist, ist nicht eine gerade Linie; es sind zwei. Und niemand wird jemals eine richtige Sicht des Evangeliums erhalten, bevor er nicht gelernt hat, beide Linien zugleich zu sehen.“
Wie wahr.
Grüße, Albrecht