Regelmäßige Lesung aus der Schatzkammer Davids von Spurgeon

Lehrfragen in Theorie und Praxis - also alles von Bibelverständnis über Heilslehre und Gemeindelehre bis Zukunftslehre

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Jörg
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Psalm 115

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3.
Aber unser Gott ist im Himmel;
er kann schaffen, was er will.
4.
Jener Götzen aber sind Silber und Gold,
von Menschenhänden gemacht.
5.
Sie haben Mäuler und reden nicht;
sie haben Augen und sehen nicht.
6.
sie haben Ohren und hören nicht;
sie haben Nasen und riechen nicht;
7.
sie haben Hände und greifen nicht;
Füße haben sie und gehen nicht und reden nicht durch ihren Hals.
8.
Die solche machen, sind ihnen gleich,
und alle, die auf sie hoffen.



3. Aber unser Gott ist im Himmel - also am rechten Ort, wohin die Sterblichen mit ihren höhnischen Mienen und Reden nicht dringen können, von wo er wohl all das unnütze Geschwätz und Gequengel der Menschen hört, aber mit stiller Verachtung auf die Babelbauer herniederblickt. Erhaben über alle widersetzlichen Mächte herrscht der HERR auf seinem hohen Thron. Als seinem Wesen nach unbegreifbar übersteigt er die höchsten Gedanken der Weisen; unumschränkt in seinem Willen und von unbegrenzter Macht ist er erhaben über alle die Beschränkungen, die dem Irdischen und Zeitlichen anhaften. Dieser Gott ist unser Gott, und wir scheuen uns nicht, uns zu ihm als unserm Gott zu bekennen, auch wenn er nicht geruht, auf den Wink und Befehl jedes großsprecherischen Prahlhansen, dem es beliebt, ihn herauszufordern, Wunder zu tun. Einst forderten sie von seinem Sohne, er solle vom Kreuz herabsteigen, so wollten sie an ihn glauben, und jetzt befehlen sie, Gott solle die gewöhnlichen Schranken seines weltregierenden Waltens überschreiten und vom Himmel herabkommen, um sie zu überzeugen; aber seinen erhabenen Geist beschäftigen wahrlich noch andere Dinge außer der Überführung derer, die ihre Augen mutwillig verschließen gegen die überschwänglichen Selbsterweise seiner ewigen Kraft und Gottheit, die überall um sie her am Tage liegen. Kann man unseren Gott weder sehen noch hören und ist er unter keinerlei äußerem Bilde zu verehren, so ist er darum doch nicht weniger wirklich und wahrhaftig, denn er ist da, wo seine Widersacher niemals sein können - im Himmel, von wo er sein Zepter ausstreckt und mit unbegrenzter Macht regiert.

Er kann schaffen, was er will, oder (wie z. B. Kautzsch übersetzt): alles, was ihm beliebte, hat er getan. Bis zu diesem Augenblick sind seine Willensverfügungen erfüllt, seine ewigen Absichten vollführt worden. Er ist nicht am Schlafen gewesen, noch hat er die Angelegenheiten der Menschen vergessen; er hat geschafft, und das mit Erfolg, niemand hat noch seine Pläne durchkreuzen oder auch nur aufhalten können. "Alles, was ihm beliebte" - so unliebsam das seinen Feinden sein mochte, der HERR hat dennoch ohne Schwierigkeit vollbracht, was er wollte; selbst wenn seine Widersacher gegen ihn tobten und wüteten, sind sie gezwungen gewesen, gegen ihren Willen seine Pläne auszuführen. Auch als der stolze Pharao dem HERRN hohnsprach und ihm den äußersten Trotz entgegensetzte, war er nur wie Ton auf des Töpfers Scheibe, und Gottes Ziel und Zweck wurde an ihm völlig erreicht. Wir mögen die spöttische Frage: "Wo ist nun ihr Gott?" wohl ertragen, wenn wir von der Gewissheit durchdrungen sind, dass Gottes Vorsehung ungestört, sein Thron unerschüttert, seine Pläne unverändert sind. Und wie er bisher alles, was ihm beliebte, getan hat, so kann und wird er auch fernerhin schaffen, was er will (Luther), sein Anschlag wird bestehen, und er wird tun alles, was ihm gefällt (Jes. 46,10), und am Schluss des großen Dramas der Welt- und Menschengeschichte werden die Allmacht Gottes und seine Unveränderlichkeit und Treue überschwänglich gerechtfertigt dastehen, zur ewigen Beschämung seiner Widersacher.

4. Jener Götzen aber sind Silber und Gold, nichts als toter, träger Stoff; im besten Falle von kostbarem Edelmetall, das dennoch ebenso ohnmächtig ist wie das gemeinste Holz oder wie Ton. Die Kostbarkeit eines Götzenbildes beweist wohl die Torheit dessen, der an das Verfertigen desselben sein Vermögen verschwendet hat, vermehrt aber wahrlich nicht die Macht des Bildes, weil auch in Gold und Silber nicht mehr Leben ist als in Erz oder Eisen. Von Menschenhänden gemacht. Da unbestritten der, welcher etwas macht, größer ist als was er gemacht hat, kommt diesen Götzenbildern weniger Ehre zu als den Künstlern, die sie gebildet haben. Welche Unvernunft, dass Menschen solches anbeten, was geringer ist als sie selber! Wie seltsam, dass einem Menschen der Gedanke kommt, er könne einen Gott machen! Gibt es denn größeren Wahnsinn? Unser Gott ist Geist, und seine Hand hat Himmel und Erde gemacht; ihn mögen wir anbeten und brauchen uns darin nicht stören zu lassen durch höhnische Fragen von Leuten, die so verrückt sind, dass sie sich weigern, den lebendigen Gott anzubeten, und doch ihre Knie beugen vor Bildern, die sie selber geschnitzt haben. Von alledem können wir eine Anwendung machen auf die Zeiten, in denen wir leben. Der Gott des modernen Denkens ist eine Schöpfung des Denkers selbst, entwickelt aus dessen eigenem Bewusstsein oder gebildet nach seiner Meinung darüber, wie ein Gott beschaffen sein müsse. Nun ist es sonnenklar, dass solch ein Wesen kein Gott ist. Es ist unmöglich, dass es überhaupt einen Gott gebe außer dem Gott der Offenbarung. Ein Gott, den wir mit unseren Gedanken bilden können, ist so wenig ein Gott wie das Bild, von Menschenhänden gemacht. Der wahre Gott muss unbedingt sein eigener Offenbarer sein. Es ist augenscheinlich unmöglich, dass ein Wesen, das von der menschlichen Vernunft ersonnen und umfasst werden kann, der unendliche und unbegreifliche Gott sei. Jener Götzen sind verblendete Vernunft und angekränkelter Verstand, das Erzeugnis des benebelten Menschenhirns; darum müssen sie zunichte werden.

5. Sie haben Mäuler und reden nicht. Die Götzen vermögen auch nicht den leisesten Laut von sich zu geben; sie können sich mit ihren Verehrern nicht in Verbindung setzen, können weder verheißen noch drohen, weder befehlen noch trösten, weder die Vergangenheit erklären noch die Zukunft weissagen. Hätten sie keine Mäuler, so würde niemand von ihnen erwarten, dass sie reden; da sie aber einen Mund besitzen und doch nicht sprechen, sind sie stumme Götzen, nicht wert, mit Gott, dem HERRN, verglichen zu werden, der am Sinai im Donner redete, in der Vergangenheit durch seine Knechte, die Propheten, seinen Willen kundtat, und dessen Stimme noch jetzt die Zedern im Libanon zerbricht. Sie haben Augen und sehen nicht. Sie können nicht sagen, wer ihre Anbeter seien und was sie opfern. Gewisse Götzenbilder haben als Augen Edelsteine gehabt, die von höherem Wert waren, als dass ein König sie hätte auslösen können; aber sie waren deshalb doch gerade so blind wie die übrigen von der Verwandtschaft. Ein Gott, der Augen hat und doch nicht sieht, ist eine blinde Gottheit; und Blindheit ist bekanntlich ein Unglück und nicht ein Zeichen von Göttlichkeit. Der Mensch muss sehr blind sein, der einen blinden Gott verehrt. Wir bemitleiden einen blinden Mitmenschen; ein blindes Götzenbild anzubeten, ist eine seltsame Sache.

6. Sie haben Ohren und hören nicht. Der Psalmdichter hätte auch wohl auf die ungeheuerlichen Ohren hinweisen können, mit denen manche heidnische Gottheiten verunstaltet sind. Ja, die haben Ohren; aber kein Gebet ihrer Verehrer, ob es auch von Millionen Stimmen gekreischt würde, kann je von ihnen gehört werden. Wie mag Gold und Silber hören? Und wie bringt ein vernunftbegabtes Wesen es über sich, Bitten an jemand zu richten, der seine Worte nicht einmal zu vernehmen imstande ist? Sie haben Nasen und riechen nicht. Der Dichter häuft diese Aussagen offenbar mit einem Anflug von dem beißenden Spott, mit dem ein Elia sprach: Ruft laut! denn er ist ein Gott; er dichtet oder hat zu schaffen oder ist über Feld oder schläft vielleicht, dass er aufwache! (1. Könige 18,27) Mit heiligem Hohn macht er sich lustig über die Menschen, welche wohlriechende Spezerei verbrennen und ihre Tempel mit Weihrauchwolken erfüllen, und das alles als Opfergabe für einen Abgott, dessen Nase den Wohlgeruch gar nicht wahrzunehmen vermag. Der Psalmist weist gleichsam mit dem Finger auf jeden einzelnen Teil des Götzenantlitzes und überhäuft damit den edelsten Teil des Idols mit Verachtung, wenn bei einem solchen Ding überhaupt von edlen Teilen die Rede sein kann.

7. Indem der Psalmist sich das Götzenbild nunmehr weiter unten besieht, fährt er fort: Sie haben Hände und greifen nicht. Sie können nicht nehmen, was man ihnen hinhält, können weder das Zepter der Macht noch das Schwert der Rache ergreifen, vermögen weder Wohltaten zu spenden noch Strafen zu erteilen; ja, auch nur die unbedeutendste Tat auszuführen sind sie völlig ohnmächtig. Eines kleinen Kindes Hand übertrifft sie an Macht. Füße haben sie und gehen nicht. Man muss sie auf ihren Platz heben, sonst würden sie nie auf ihren Altarthron kommen; sie müssen noch dazu auf ihrem Thron befestigt werden, sonst würden sie fallen; sie müssen getragen werden, sonst könnten sie sich niemals von ihrer Stätte bewegen; sie vermögen weder ihren Freunden zu Hilfe zu kommen noch der bilderstürmerischen Wut ihrer Gegner zu entfliehen. Das niedrigste Insekt hat mehr Bewegungsfreiheit als der höchste heidnische Gott! Und reden nicht durch ihren Hals. Sie bringen es nicht einmal zu solchen Kehllauten, wie die untersten Tiergattungen sie äußern; da ist kein Grunzen, Brüllen, Bellen, Kläffen, nicht einmal ein leises Brummen lassen sie hören. Ihre Priester versicherten zwar, dass die Statuen der Götter bei besonderen Gelegenheiten hohle Töne von sich gäben; aber das war lügnerisches Vorgeben oder bauchrednerischer Betrug. Bilder von Gold und Silber sind nicht fähig, lebendige Laute auszustoßen. - So hat denn der Psalmist den Abgott vom Kopf bis zu den Füßen in Augenschein genommen, hat ihm ins Angesicht geblickt und in den Hals geguckt, und das Ergebnis ist die äußerste Verachtung.

8. Die solche machen, sind ihnen gleich. Menschen, die derartige Gegenstände verfertigen, damit man sie anbete, sind so dumm, so gefühllos und vernunftlos wie die Bilder, die sie machen. Soweit es sich um geistliches Leben, um Nachdenken und Urteil handelt, sind sie toten Bildern ähnlicher als wirklichen lebendigen, vernunftbegabten Menschen. Das Urteil ist nicht zu streng; ja der Ausdruck des Grundtextes ist noch stärker: sie werden ihnen gleich. Das ist, wie Tholuk sagt, der Fluch alles falschen Gottesglaubens, dass der Mensch wird wie sein Gott, und also die Anbeter eines seelenlosen Gottes seelenlos werden wie er. Und alle, die auf sie hoffen. Wer so tief gesunken, dass er fähig ist, auf Götzenbilder sein Vertrauen zu setzen, der hat die höchste Stufe der Torheit und des Irrwahns erreicht und ist ebenso großer Verachtung wert wie sein abscheulicher Götze. Manches harte Wort Luthers ist vom römischen Aberglauben reichlich verdient. Aber der Gott des modernen Denkens ähnelt ebenfalls außerordentlich den in diesem Psalm beschriebenen Gottheiten. Der Pantheismus, der die Natur zu seinem Gott macht, ist dem Polytheismus (der heidnischen Vielgötterei) verwandt und unterscheidet sich trotzdem nur wenig von dem Atheismus (der Gottesleugnung). Der Gott, den unsere großen Denker für uns verfertigt haben, ist ein leerer, toter Begriff; er hat keine ewigen Zwecke, er tritt nicht ein für seine Verehrer, er macht sich nicht viel daraus, wieviel der Mensch sündigt, denn er hat die in seine Mysterien Eingeweihten mit einer "erweiterten Hoffnung"2 beschenkt, nach der auch die Allerunverbesserlichsten wieder zurecht gebracht werden sollen. Dieser Gott ist das, wozu ihn zu machen der jeweiligen letzten Reihe von Gelehrten gefällt, er hat gesagt, was sie zu sagen belieben, und muss tun, was ihnen vorzuschreiben geruht. Überlassen wir dieses Glaubensbekenntnis und seine Anhänger ruhig sich selber, sie werden ihre eigene Widerlegung ohne unsre Hilfe vollenden. Denn wie jetzt ihr Gott nach ihnen gemodelt ist, so werden sie sich nach und nach ihrem Gott ähnlich gestalten; und wenn die Grundsätze von Gerechtigkeit, Gesetz und Ordnung alle erfolgreich untergraben sind, werden wir vielleicht in irgendeiner Form des Sozialismus ähnlich derjenigen, die sich heutigentags in so bedauerlicher Weise ausbreitet, eine Wiederholung der bösen Zustände erleben, die in früheren Zeiten über Völker gekommen sind, die den lebendigen Gott verworfen und Götter eigener Mache aufgestellt haben.


Fußnote
2. The larger hope, Schlagwort jener weit verbreiteten Richtung (der modernisierten Gestalt der alten Wiederbringungslehre), von der man wird sagen müssen, dass sie nicht etwa nur die puritanische Enge in der Gnadenlehre zu der biblischen Fülle zu erweitern bestrebt ist, sondern dass sie über das Geschick des Sünders nicht den Aussagen der Schrift, sondern der menschlichen Spekulation das entscheidende Wort lässt. - James Millard
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

Jörg
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Psalm 115

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9.
Aber Israel hoffe auf den Herrn;
der ist ihre Hilfe und Schild.
10.
Das Haus Aaron hoffe auf den HERRN;
der ist ihre Hilfe und Schild.
11.
Die den HERRN fürchten, hoffen auf den HERRN;
der ist ihre Hilfe und Schild.
12.
Der HERR denkt an uns und segnet uns;
er segnet das Haus Israel,er segnet das Haus Aaron;
13.
er segnet, die den HERRN fürchten,
beide, Kleine und Große.
14.
Der HERR segne euch je mehr und mehr,
euch und eure Kinder.
15.
Ihr seid die Gesegneten des HERRN,
der Himmel und Erde gemacht hat.



9. Aber Israel hoffe auf den HERRN. Was immer andre tun, mögen die Auserkorenen des Himmels fest an dem Gott halten, der sie erwählt hat. Jehovah ist Jakobs Gott, mögen Jakobs Nachkommen sich ihrem Gott treu erweisen durch die Zuversicht, die sie auf ihn setzen. Wie kummervoll unsere Lage sein mag und wie ungestüm die lästerliche Sprache unserer Feinde, wollen wir uns doch nicht fürchten noch wanken, sondern vertrauensvoll auf ihn zählen, der mächtig ist, seine Ehre zu behaupten und seine Knechte zu schützen. Der ist ihre Hilfe und Schild. Er ist der Freund der Seinen im Tun und Leiden, gewährt ihnen Beistand in der Arbeit und Schutz in Gefahr. - Im Grundtext steht die Ermahnung, auf den HERRN zu hoffen, in diesem und den folgenden Versen viel wirkungsvoller in der Form der direkten Anrede: O Israel, traue auf den HERRN! Ihr vom Hause Aaron, vertrauet auf den HERRN! Die ihr den HERRN fürchtet, vertrauet auf den HERRN! Dann aber lässt der Psalmist in jedem der Vers diese Anrede fallen und fährt in der dritten Person fort, als hielte er eine Art Selbstgespräch und flüsterte bei sich: "Sie mögen es auch wahrlich wohl tun, denn er ist zu allen Zeiten die Stärke und die Sicherheit seiner Diener". Übrigens passt dieser Wechsel der Person auch gut zu dem antiphonischen (von zwei Chören im Wechsel ausgeführten) Vortrag des Psalms.

10. Das Haus Aaron hoffe auf den HERRN. Ihr, die ihr ihm am nächsten steht, vertraut ihm auch am festesten! Euer ganzer Beruf steht ja in engster Beziehung zu seiner Treue und hat den Zweck, seine Herrlichkeit kundzutun; darum lasst nie einen Zweifel an ihm in euren Herzen aufkommen, sondern seid den andern ein Beispiel heiligen Gottvertrauens. Die Priester waren dem Volk zu Leitern, Lehrern und Vorbildern gesetzt und waren darum verpflichtet, vor allen andern rückhaltlos sich auf Israels Gott zu verlassen. Der Psalmdichter freut sich, hinzufügen zu dürfen, dass dies von ihnen geschieht, denn er fährt fort: Der ist ihre Hilfe und Schild. Es ist leicht und doch passend, die zum Glauben zu ermuntern, die schon Glauben haben. "Solches hab ich euch geschrieben, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes..., auf dass ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes." (1. Joh. 5,13.) Priesterlich geheiligte Gemüter können wir durch Erinnerung anspornen und dürfen Menschen zum Vertrauen auf den HERRN ermahnen, eben weil wir wissen, dass sie bereits auf ihn trauen.

11. Der nächste Vers fährt im gleichen Tone fort: Die den HERRN fürchten, (mögen) hoffen auf den HERRN. Ob ihr vom Hause Aarons seid oder nicht, ja ob ihr zu Israel gehört oder nicht, allen, die Jehovah verehren, ist es gestattet und befohlen, sich gläubig in dem HERRN zu bergen. (Der Ausdruck "die den HERRN fürchten" ist bekanntlich im Alten und Neuen Testament stehende Bezeichnung der Proselyten, 1. Könige 8,41.43; Apg. 13,16.) Der ist ihre Hilfe und Schild. Er stützt und schirmt alle, die ihn in kindlicher Ehrfurcht anbeten, welchem Volke sie auch angehören mögen. Ohne Zweifel waren diese wiederholten Ermunterungen zum Gottvertrauen nötig wegen der traurigen Lage, in der sich die Kinder Israel damals befanden. Die höhnischen Reden des Widersachers verwundeten alle; am schmerzlichsten mussten sie von den Priestern und anderen Dienern des HERRN empfunden werden, aber auch diejenigen, die vielleicht nur heimlich im Herzen Proselyten waren, seufzten im Geheimen sicherlich unter der Schmach, die ihrer Religion und ihrem Gott angetan ward. Der Gang der Ereignisse konnte sie stutzig machen und ihren Glauben ernstlich gefährden; eben darum werden sie einmal und abermals und noch einmal aufgefordert, auf Jehovah zu trauen.
Welch lieblicher Gesang muss dieser Psalm doch für israelitische Familien gewesen sein, die in Babel oder fern in Persien wohnten, wenn sie des Nachts sich versammelten, um das Passahmahl zu essen in einem Lande, das sie nicht kannte, und wo sie weinten, wenn sie an Zion gedachten. Es ist uns, als hörten wir sie die dreifache Ermunterung wiederholen: "O vertrauet auf Jehovah", als hörten wir sie alle, Männer, Frauen und Kinder, das Spottlied (V. 4-8) auf den heidnischen Götzendienst singen und ihr treues Anhangen an dem einen Gott Israels verkündigen. Gleicherweise ziemt es in diesen Tagen, wo Gott so gelästert und getadelt wird, uns allen, die Wahrheit und Treue Gottes fort und fort und immer wieder zu bezeugen. Die Zweifelgeister verkündigen ihren Unglauben laut genug; lasst uns unseren Glauben ebenso freimütig bekennen.

12. Der HERR denkt an uns, oder wörtl.: hat an uns gedacht. Seine Gnadentaten der Vergangenheit beweisen, dass wir ihm am Herzen liegen, und ob er uns auch gegenwärtig betrübt, vergisst er unser doch nicht. Wir müssen uns ihm nicht in Erinnerung rufen, als ob er es schwer fände, seiner Kinder eingedenk zu sein, sondern er hat unser gedacht und wird darum auch in Zukunft in Güte und Treue an uns handeln. Und segnet uns. Das "uns" ist überflüssige Einfügung des Übersetzers, und während die vorhergehenden Worte im Grundtext im Perfekt (der Gewissheit) stehen, lauten die folgenden: Er wird segnen - segnen das Haus Israel, segnen das Haus Aaron. Die Wiederholung des Wortes segnen macht die Stelle sehr wirkungsvoll. Der HERR hat viele Segnungen, deren jede des Gedenkens wert ist; er segnet wieder und wieder. Wo er einmal seine Huld geschenkt hat, lässt er sie dauernd walten; es ist seinem Segen eine Lust, dasselbe Haus oft zu besuchen und da zu weilen, wo er einmal eingekehrt ist. Das Segnen macht unseren Gott nicht arm. Er hat in der Vergangenheit seine Wohltaten reichlich ausgestreut, und er wird sie doppelt und dreifach so mächtig in Zukunft niederströmen lassen. Er hat und wird geben einen allgemeinen Segen für alle, die ihn fürchten, einen besonderen Segen für das ganze Haus Israel, und einen zwiefachen Segen für die Söhne Aarons. Es ist seine Art, zu segnen, es ist sein Kronrecht, zu segnen, es ist seine Ehre, zu segnen, es ist seine Wonne, zu segnen; er hat verheißen zu segnen, darum seien wir dessen gewiss, dass er segnen, segnen, ja segnen wird ohne Aufhören.

13. Er segnet, Grundtext: wird segnen, die den HERRN fürchten, beide, Kleine und Große.Solange jemand den HERRN fürchtet, liegt nichts daran, ob er Burggraf oder Bauer, Standesherr oder Steinklopfer ist, Gott wird ihn ganz sicherlich segnen. Er sorgt für die Bedürfnisse alles Lebendigen, vom Leviathan im Weltmeer bis zum Käferlein auf dem Grashalm, und er wird keinen der Gottesfürchtigen vergessen werden lassen, so gering ihre Fähigkeiten, so niedrig ihr irdischer Stand sein mögen. Das ist eine köstliche Herzstärkung für solche, deren Glaube noch klein ist und die sich noch ganz als kleine Kinder in der Familie derer "von Gnaden" fühlen. Der gleiche Segen ist vorhanden für den kleinsten wie für den größten Heiligen; ja, wenn ein Unterschied gemacht wird, dann der, dass die "Kleinen" zuerst kommen. Denn da das Bedürfnis da noch dringender ist, wird auch die Hilfe noch schneller gesandt.

14. Der HERR mehre euch (Grundtext), euch und eure Kinder. Gerade wie er in Ägypten das Volk sich über die Maßen viel mehren ließ, so wird er die Zahl seiner Heiligen wachsen lassen auf Erden. Nicht nur sollen die dem HERRN Treuen durch Bekehrungen gesegnet werden und also einen geistlichen Samen haben, sondern ihre geistlichen Kinder sollen auch selber wieder fruchtbar sein, und also wird die Zahl seiner Auserwählten voll werden. Gott wird des Volks viel machen und damit auch seine Freude groß machen. (Jes. 9,2) Bis zum Ende der Zeiten wird das Geschlecht der wahren Gläubigen bestehen und immer mehr an Zahl und Einfluss zunehmen. Der erste der Menschheit gegebene Segen lautete: "Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde", und eben diesen Segen spricht Gott nun über die, so ihn fürchten. Trotz allen Idolen (Abgöttern) der törichten Weltweisheit und des abergläubischen Sakramentalismus (der Verirrung, die die Sakramente an die Stelle Christi als Heilsgrund setzt) wird die Wahrheit sich Jünger werben und das Land mit den Heerscharen ihrer Verteidiger füllen.

15. Ihr seid die Gesegneten des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat. Dies ist eine andere Form des Segens Melchisedeks: "Gesegnet seist du, Abram, von dem höchsten Gott, dem Schöpfer Himmels und der Erde", und durch unseren himmlischen Melchisedek ruht eben dieser Segen auf uns, den Kindern des gläubigen Abraham. Das ist ein allmächtiger Segen, der uns alles gewährt, was der allvermögende Gott nur tun kann, sei es im Himmel oder auf Erden. Diese Fülle ist unendlich, und der Trost, den sie uns bringt, unfehlbar für alle Lagen passend. Er, der Himmel und Erde gemacht hat, kann uns alles geben, was immer wir hienieden brauchen, und uns sicher zu seinem herrlichen Schloss droben bringen. Wohl dem Volke, auf dem ein solcher Segen ruht; sie haben ein unendlich besseres Teil als diejenigen, deren Hoffnung auf einem Stück vergoldetem Holz oder einem aus Stein gemeißelten Bilde beruht.

16.
Der Himmel allenthalben ist des HERRN;
aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben.



16. Der Himmel allenthalben ist des HERRN, wörtl.: der Himmel ist Himmel (Wohn- und Offenbarungsstätte) für Jehovah, da regiert er vornehmlich und enthüllt seine Größe und Herrlichkeit; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben. Während der gegenwärtigen Haushaltung hat er die Erdenwelt in großem Maße der Macht und dem Willen der Menschen überlassen, so dass die Dinge hienieden nicht in der gleichen vollkommenen Ordnung sind, wie es mit den Dingen droben der Fall ist. Es ist wahr, der HERR waltet über allem mit seiner Vorsehung; doch lässt er es für die jetzige Zeit zu, dass die Menschen seine Gesetze brechen, sein Volk verfolgen und im Gegensatz zu ihm ihre stummen Götzen aufstellen. Die Freiheit des Wollens und Wirkens, mit der er seine Geschöpfe begabt hat, machte es notwendig, dass er seiner Macht in gewissem Maße selber Schranken anlegte und es litt, dass die Menschenkinder ihren eigenen Anschlägen folgten; doch ist er nichtsdestoweniger, da er seinen Thron im Himmel nicht aufgegeben hat, noch Herr der Erde und kann die Zügel zu jeder Zeit alle in seiner Hand zusammenfassen. Vielleicht ist jedoch bei der Stelle ein anderer Sinn beabsichtigt, nämlich der, dass Gott sein Volk mehren wird, weil er ihnen die Erde gegeben hat und will, dass sie sie füllen sollen. Der Mensch war ursprünglich zu Gottes Statthalter auf Erden bestellt, und wiewohl wir jetzt noch nicht alles dem Menschen untertan sehen, sehen wir doch Jesus hoch erhöht, und in ihm werden auch die Menschenkinder eine erhabenere Herrschaft selbst auf Erden erlangen, als sie bisher gekannt haben. "Die Sanftmütigen werden das Erdreich besitzen und ihre Lust haben an großem Frieden" (Ps. 37,11), und unser Herr Jesus Christus wird glorreich herrschen unter seinen Ältesten (vergl. Jes. 24,23). Dies alles wird die überschwängliche Herrlichkeit dessen erstrahlen lassen, der sein Wesen offenbart im Himmel droben und in dem mystischen Leibe Christi hienieden. Die Erde gehört den Söhnen Gottes, und wir sind verpflichtet, sie für unseren hochgelobten König Jesus zu unterwerfen, denn er muss herrschen. Jehovah hat ihm die Heiden zum Erbe gegeben und der Welt Enden zum Eigentum (Ps. 2,8).
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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17.
Die Toten werden dich, HERR, nicht loben,
noch die hinunterfahren in die Stille!
18.
Sondern wir loben den HERRN
von nun an bis in Ewigkeit.Hallelujah!



17. Die Toten werden dich, HERR, nicht loben - sofern diese Welt in Betracht kommt. Sie können nicht in die Psalmen und Lobgesänge und geistlichen Lieder einstimmen, mit denen die Gemeinde ihrem Herrn voller Wonne Anbetung darbringt. Der Prediger kann von seinem Sarge aus den HERRN nicht rühmen, und ebenso wenig der Stadtmissionar oder die Diakonisse, wenn sie im Grabe liegen, in eifrigem Wirken dienender Liebe die Macht der Gnade erweisen. Noch die hinunterfahren in die Stille. Aus dem Grabe erschallt kein Laut; von den modernden Gebeinen und den den Leib verzehrenden Würmern her erklingt keine Stimme, die das süße Evangelium verkündigt oder in lieblichen Liedern Gottes Gnade rühmt. Von den Sängern des gottgeweihten Chors der Heiligen geht leise einer nach dem andern von uns, und wir vermissen ihre liebe Stimme. Gott sei Dank, sie sind nach droben gegangen, um die himmlischen Harmonien zu verstärken; was jedoch uns betrifft, so gilt es, dass wir umso eifriger singen, weil so viele Sänger unsere Reihen verlassen haben.

18. Sondern wir loben den HERRN von nun an bis in Ewigkeit. Wir, die wir noch leben, wollen Sorge tragen, dass Gottes Preis unter den Menschenkindern nicht aufhört. Unsere Trübsal und Niedergeschlagenheit des Gemütes soll uns nicht veranlassen, unsere Lobgesänge auszusetzen; noch sollen Alter und zunehmende Schwäche und Gebrechlichkeit das himmlische Feuer in uns dämpfen, nein, sogar der Tod soll uns nicht dazu bringen, von dem köstlichen Werk abzulassen. Die geistlich Toten können Gott nicht loben; das Leben aber, das in uns ist, dringt uns dazu. Mögen jene, die ohne Gott dahinleben, in stummem Schweigen verharren, wir aber wollen unsere Stimme zu Jehovahs Ruhm erheben. Selbst wenn er für eine Weile kein Wunder tut und wir kein besonderes Eingreifen seiner Allmacht wahrnehmen, wollen wir doch kraft dessen, was er in vergangenen Zeiten getan hat, seinen Namen loben, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht, wenn er abermals hell erstrahlen wird wie die Sonne, um das Angesicht seiner Kinder zu erfreuen. Die gegenwärtige Zeit ist gerade dazu günstig, ein Leben des Lobpreises zu beginnen, da er uns heute auffordert, auf die Stimme seiner Gnade zu hören. Von nun an, das ist der Rat der Weisheit, denn diese Pflicht sollte nicht aufgeschoben werden, und es ist ein Gebot der Dankbarkeit, denn es sind dringende Gründe zu pünktlichem Danke vorhanden. Fangen wir einmal damit an, Gott zu preisen, so haben wir einen endlosen seligen Dienst begonnen. Selbst die Ewigkeit kann die Gründe nicht ausschöpfen, um deren willen Gott verherrlicht werden soll. Hallelujah, preiset den HERRN. Wiewohl die Toten Gott nicht preisen können, die Gottlosen es nicht wollen und die Gleichgültigen es nicht tun, wollen wir doch das Hallelujah jubelnd singen in Ewigkeit. Amen.

Erläuterungen und Kernworte

V. 1. Nicht uns, HERR, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre. Alle Welt, und die ihres Sinnes sind, rufen zusammen: Uns die Ehre, uns gebühret zu reden. Der Glaube, der auch hierin der Sieg ist, der die Welt überwindet, gibt Gott lauterlich die Ehre und lehnt es nicht nur in Bescheidenheit von sich ab, sondern er wehret sich recht: Nicht uns, nicht uns; denn Ehre und Lobeserhebungen soll man wie feurige Kohlen von sich abschütteln. Man erwäge das bedenkliche Exempel Apg. 12,23 und Apg. 14,14.15. Karl H. Rieger † 1791.

Wenn es der Engel Art ist, alle ungeziemende, Gottes Thron gestohlene Ehre von sich abzuweisen (Off. 22,8 f.), so ist es teuflische Weise, solche anzunehmen und zu hegen. Die eigne Ehre zu suchen ist nicht eine Ehre, sondern verächtlich, eine Unehre für das Geschöpf, das nach dem Gesetz seiner Erschaffung auf ein ganz anderes Ziel hingewiesen ist. Allen Weihrauch, den wir unserem Ansehen, der Geschicklichkeit unserer Hände oder dem Scharfsinn unseres Verstandes darbringen, entziehen wir Gott, dem alle Ehre allein gebührt. Stephen Charnock † 1680.

Dieser Vers ist nicht eine Lobpreisung, als welche er häufig angesehen und angewendet wird, sondern ein Gebet. Nicht sowohl um unserer Sicherheit oder unseres Wohlergehens willen, als vielmehr um deiner Ehre willen wollest du uns befreien. Nicht zur Befriedigung unserer Rachlust an unseren Widersachern und nicht zur Förderung unserer Interessen, sondern zur Verherrlichung deiner Gnade und Wahrheit begehren wir deine Hilfe, damit die Menschen erkennen, dass du ein Gott bist, der seinen Bund hält; denn Gnade und Wahrheit sind die beiden Säulen dieses Bundes. Es ist eine Entehrung Gottes, wenn wir irgendetwas von ihm begehren mehr als ihn selbst oder nicht für ihn selbst. Augustin sagt, es sei auch beim Beten nur ein fleischlicher Trieb, wenn der Mensch sich selber mehr als Gott suche. Unser Selbst und Gott sind die zwei, die in Wettbewerb kommen. Nun ist zwar bei dem Ich verschiedenerlei Art zu unterscheiden; es gibt ein fleischliches Ich, ein natürliches Ich, ein geistliches Ich und ein verherrlichtes Ich; vor diesen allen jedoch muss Gott den Vorrang haben. Thomas Manton † 1677.

Es gibt viele köstliche Schriftworte, die uns so lieb geworden und mit denen wir so verwachsen sind, dass wir es uns gar nicht anders denken können, als dass wir sie in den Himmel mitnehmen werden und sie nicht nur den Text unserer Lobgesänge, sondern auch ein Stück unserer Seligkeit und Freude in der Herrlichkeit bilden werden. Wenn es aber ein Wort gibt, das von den Lippen jedes Erlösten kommen muss, wenn er in den Himmel eingeht, und das das unerschöpfliche, nimmer ermüdende Thema der Lieder der Ewigkeit bilden wird, dann ist es gewiss der erste Vers dieses Psalms. Barton Bouchier 1856.

V. 3. In heiliger Kühnheit wirft die Gemeinde solchem frevelhaften Gedanken (dass der Gott Israels ein Phantom der Ohnmacht sei, V. 2) den Schild des Glaubens entgegen, da ja ihr Gott so unumschränkt ist als der Himmel und tun kann, was er will. So zeigt die Verbindung der beiden Sätze in V. 3, dass, wenn der Gott der Schrift Gott im Himmel genannt wird, in dieser Benennung keine Beschränkung liegt, dass sie vielmehr sagen will, er sei so erhaben über alle irdischen Schranken wie der Himmel, der hoch und unermesslich über der Erde ist. Prof. A. Tholuck 1843.

Unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was er will. Es wäre wahnsinnig, das Gleiche von den Götzen zu behaupten. Wenn daher die Heiden fragen: "Wo ist nun ihr Gott?" so ist die Antwort: "Er ist im Himmel; aber wo sind eure Götter? Auf Erden, nicht Schöpfer der Erde, sondern gemacht von Erden." Martin Geier † 1681

V. 4. Man kann die Stelle auch gegensätzlich übersetzen: Wiewohl sie von Gold und Silber, vom kostbarsten Material sind, sind sie doch nicht Götter, weil sie das Werk von Menschenhänden sind. Jean Calvin † 1564.

Silber und Gold, geeignete Stoffe, um Geld daraus zu prägen, aber nicht, um Götter davon zu machen! Matthew Henry † 1714.

Der ganze Götzendienst war so offenbar nichtig, dass ernstere Heiden selber darüber gelächelt haben und er die Zielscheibe für die Witze der heidnischen Freidenker und Possenreißer wurde. Wie beißend sind z. B. folgende Worte von Juvenal (Satyren XIII, 113): "Hörst du denn, Jupiter, diese Dinge? Bewegst deine Lippen nicht, wo du doch sprechen solltest, seist du von Marmor oder von Erz? Oder warum tun wir denn den heiligen Weihrauch auf deinen Altar und die herausgenommene Leber eines Kalbes und die weiße Netzhaut eines Ebers? Soviel ich erkennen kann, ist kein Unterschied zwischen deinem Standbild und dem des Bathyllus." Dieser aber war ein Geiger und Spieler, dessen Bild auf Befehl des Polykrates in dem Tempel der Juno zu Samos aufgerichtet worden war! Adam Clarke † 1832.

Von Menschenhänden gemacht. Die folgende Anzeige ist einer chinesischen Zeitung entnommen: "Archen Ti Chinchin, Bildhauer, erlaubt sich, Schiffsherren, die von Kanton nach Indien Handel treiben, ergebenst davon zu benachrichtigen, dass sie sich bei ihm mit Figurenköpfen, ganz nach Bestellung gemacht, zu einem Viertel des in Europa geforderten Preises versehen können. Er empfiehlt auch zu persönlichen Versuchen die folgenden Götzen, in Erz, Gold und Silber: den Habicht des Wischnu, mit Reliefs der Inkarnationen (Verkörperungen) des Gottes in Fisch, Eber, Löwe und Schildkröte. Ein ägyptischer Apis, ein goldenes Kalb und ein Stier, wie ihn die frommen Anhänger Zoroasters anbeten. Zwei silberne Mammositen mit goldenen Ohrringen; Götzen für persischen Gottesdienst; einen Widder, ein Krokodil, eine Krabbe, eine Lachhyäne, auch eine Auswahl von Hausgöttern in kleinem Maßstab, auf Anbetung in den Familien berechnet. Ich gewähre achtzehn Monate Kredit oder bei Barzahlung einen Abzug von fünfzehn Prozent auf die jedem Artikel angehefteten Preise. Man adressiere Chinastraße, Kanton, zu dem marmornen Rhinozeros und der vergoldeten Hydra." K. Arvine 1859.

Von Menschenhänden gemacht. Was müssen das für reizende Götter sein, besonders wenn sie das Werk von Stümpern sind, wie das Heiligenbild von Cockram, von dem der Bürgermeister von Doncaster den Klägern launig sagte, dass es, wenn es für einen Gott nicht gut genug sei, ja einen vorzüglichen Teufel abgeben würde. John Trapp † 1669.

V. 4-7. Schön ist, wie der Gegensatz zwischen dem Gott Israels und den heidnischen Götzen hier ins Licht gestellt wird. Er hat alles gemacht, sie sind selber von Menschen gemacht; er ist im Himmel, sie auf Erden; er kann schaffen, was er will, sie vermögen nichts; er sieht die Leiden, hört und erhört die Gebete, nimmt die Opfer an, kommt seinen Dienern zu Hilfe und bewirkt ihr Heil; sie sind blind, taub und stumm, ohne Verstand, unbeweglich und ohnmächtig. Gleich übelhörig, gleich ohnmächtig zu helfen, auch in den größten Nöten, wird sich jeder Abgott erweisen, an den Menschen sich hängen und zu dem sie durch die Tat sagen: Du bist mein Gott. Bischof G. Horne † 1792.

In Alexandria befand sich das berühmte Serapion, ein Tempel des Serapis, der höchsten Gottheit der Ägypter, die über die Überschwemmungen des Nils und die Fruchtbarkeit Ägyptens Herr war. Es war ein umfangreiches, stark befestigtes und sehr schönes Bauwerk, das einen Hügel im Mittelpunkte der Stadt krönte, und zu dem hundert Stufen hinaufführten. Das Bild der Gottheit war eine Kolossalstatue, die mit den ausgestreckten Händen die beiden Seiten des Gebäudes berührte, während das Haupt an das hohe Dach reichte. Sie war reich mit edlen Metallen und Edelsteinen verziert. Als der Kaiser Theodosius die Zerstörung des heidnischen Tempels befohlen hatte, machte sich der Bischof Theophilus, von Soldaten begleitet, eilends daran, die Stufen zu erklimmen und in das Heiligtum einzudringen. Der Anblick des Götzenbildes war so gewaltig, dass selbst die christlichen Bilderstürmer einen Augenblick stutzten. Der Bischof gab aber einem der Soldaten Befehl, ohne Zögern dreinzuhauen. Mit einem Beil traf er die Statue am Knie. Alle warteten in gewisser Erregung, aber da war kein Laut, noch irgendein Zeichen des Zorns des Gottes. Dann klommen die Soldaten zu dem Haupte hinauf und schlugen es ab, dass es zu Boden rollte. Eine zahlreiche, in ihrem stillen Heim im Inneren des heiligen Bildes gestörte Rattenfamilie stürzte aus der unter den Streichen erzitternden Statue und rannte über den Fußboden des Tempels. Jetzt finden die Leute an zu lachen und setzten das Zerstörungswerk mit verstärktem Eifer fort. Sie schleiften die Trümmer des Standbildes durch die Straßen. Selbst die Heiden wurden solcher Götter überdrüssig, die sich selbst nicht verteidigten. Das große Gebäude ward zerstört und hernach eine christliche Kirche an seiner Stelle erbaut. Wohl war bei den Leuten noch einige Besorgnis, der Nil möchte sein Missfallen durch Verweigerung der Überschwemmung kundtun. Da der Fluss darauf jedoch sogar zu außergewöhnlicher Höhe stieg und aufs freigebigste das Land befruchtete, war bald alle Angst verschwunden. Andr. Reed 1877.

Theodoret († 475) erzählt uns von der h. Publia, der betagten Äbtissin einer Gesellschaft von Nonnen in Antiochien, sie habe, wenn Julian der Abtrünnige mit einer götzendienerischen Prozession vorbeigezogen sei, diesen Psalm angestimmt: "Ihre Götzen sind Silber und Gold, ein Werk von Menschenhänden. Die solche machen sind ihnen gleich, alle, die auf sie hoffen." Der Kaiser habe, von Zorn erfüllt, seine Soldaten veranlasst, sie blutig zu schlagen, weil er den Stachel des alten hebräischen Liedes nicht ertragen konnte. J. M. Neale 1871.
Wer sich nur nach dem, was er fühlt, richtet, der verliert Christus. (Martin Luther)

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